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Autor der Website:
Friedrich Forssman
Schloßteichstraße 3
34131 Kassel
mail@kassel-mulang.de
Dank und Nachweise
am Fuß der Seite.
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Kurort Wilhelmshöhe
Inhalt dieses Kapitels
»Der Kurort – Villen-Colonie – Wilhelmshöhe«, aus der »Festschrift zur 38. Hauptversammlung des Vereins deutscher Ingenieure. Cassel 1897«. – Ein Schlüsseltext zum Kur- und Badegeschehen in Wilhelmshöhe.
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Adressen und Straßennamen sind weitgehend ausgeschrieben, damit alle Erwähnungen über die Suchfunktion im Browser gut auffindbar sind. – Das Symbol »(→)« zeigt an, daß sich beim Anklicken des Links ein neues Fenster öffnet. |
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Einführung |
Anzeige im »Führer durch Cassel und Wilhelmshöhe. Den Besuchern Cassels gewidmet vom Fremden-Verkehr-Verein Cassel«, 1897. Da war Dr. Greger noch zweiter Arzt unter Dr. Greveler.*MA
»Kassel und Wilhelmshöhe laden ein«, Bericht im 2. Blatt der Kasseler Post vom 1.3.1935 zur Anerkennung von Wilhelmshöhe als Kurort und zu neuer Werbung.*MA
Einer der obenerwähnten neuen Prospekte, in vielen Variationen häufig verteilt Prospekt. Die Innenseite zeigt ein Panorama des Kurgebietes: Villenkolonie,
Park und Peripherie. Ein Scan davon findet sich am Anfang des Kapitels
»Villenkolonie«. Ein auswechselbarer Transparentpapier-Aufleger
gab Auskunft über Hotels, Gaststätten und Kur-Einrichtungen.*MA
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Durch die Industrialisierung zogen die Städte seit den ersten
Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts die Landbevölkerung an, Enge
und Wohnungsnot waren die Folge. Die bessergestellten Bürger
hatten daraufhin nicht nur der Wunsch, den zunehmend staubigen
und rußigen Städten möglichst oft zu entfliehen,
das explosionsartig wachsende Eisenbahnnetz machte Reisen auch
erstmals halbwegs bequem und erschwinglich.
Der Sieg des Norddeutschen Bundes samt den vier assoziierten süddeutschen Staaten unter preußischer Führung im Deutsch-Französischen Krieg samt anschließender Gründung des Deutschen Reiches (und bekanntlich zeitweiliger Internierung Napoléons III. im Schloß Wilhelmshöhe) sorgte für nie gekannten Wohlstand,
der auch die daher so genannte »Gründerzeit«
begründete. Gegründet wurden auch Hotels und Kurbetriebe, willkommene Ziele für den erwachenden Reisetrieb.
Wilhelmshöhe war für seine gute Luft bekannt
– der Leib- und Kurarzt Bismarcks, Prof. Dr. Ernst Schweninger,
soll den von der Tourismus-Werbung seit dem späten 19. Jahrhundert
bis heute ständig zitierten Satz geprägt haben: »In
Wilhelmshöhe ist jeder Atemzug einen Taler wert!« (siehe Fußnote »zum Wert des Talers« am Ende dieser Einführung). – Die Nähe zur
kaiserlichen Sommerresidenz sorgte für
einen glamourösen Hintergrund, und so waren die Kur- und Natur-Heilanstalten
sowie die Privat-Krankenhäuser in Wilhelmshöhe sehr erfolgreich.
Die Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, den Deutschland
bekanntlich verloren hatte und nun seinerseits unter Reparationen
und Inflation ächzte, machten vielen dieser Einrichtungen
das Überleben schwer. Klinikschließungen oder Verkauf an
Institutionen fanden statt. In den 1930er Jahren wurden die Anstrengungen
erneuert, das Prädikat »Bad Wilhelmshöhe«
ward errungen. Die Säulen, auf denen der Badebetrieb ruhte, waren:
die Heilanstalt von Dr. Rohrbach, das neue Kurhaus (Kurhausstraße
13), das frühere Goßmannsche Sanatorium (Druseltalstraße),
das neuerrichtete Freibad an der Kurhausstraße – und natürlich
der Bergpark, in dem Kneipp-Wassertretstellen errichtet wurden. Mit
dem Zweiten Weltkrieg kam der Badebetrieb zum Erliegen, das
»Bad«-Prädikat wurde aber schon um 1950 wiedererlangt.
Um 1970 wurde der florierende Badebetrieb durch
politischen Beschluß eingestellt (warum eigentlich genau? Wer
weiß Näheres?), und beide historisch wertvollen Kurhäuser
abgerissen: die einstige Villa Mummy sowie das nach dem Krieg aufwendig sanierte prachtvolle
Goßmann-Haus. Das Kur-Prädikat
»ruhte«.
Seit den 1980er Jahren wurden erneute Anstrengungen
unternommen, die um das Jahr 2000 mit der erneuten Wiederverleihung
des »Bad«-Prädikates belohnt wurden. Seitens der
Stadt Kassel wird aber zu wenig getan, die privaten Kur-, Bad-
und sogenannten »Wellness«-Angebote zu unterstützen.
So läßt ein Verkehrskonzept seit 20 Jahren auf sich warten. Worin
der Sinn liegen soll, sich um das Prädikat zu bemühen, aber
nach Verleihung nichts dergleichen zu tun, will nicht einleuchten.
Die Gefahr einer erneuten Aberkennung des Bad-Prädikats
ist nicht von der Hand zu weisen.
(Fußnote: Zum Wert des Talers.
Im Zuge der Gründung des Deutschen Reichs, nach den preußischen
Feldzügen, bei denen bekanntlich auch Hessen-Kassel 1866 kassiert
wurde, kam 1873 die Währungsreform. Die Vielzahl
der verschiedenen nicht-dezimal unterteilten Währungen wurde
zugunsten der Mark à 100 Pfennige aufgegeben. Diese
Mark war ein Kompromiß zwischen dem norddeutschen Taler und
dem süddeutschen Gulden. –
Der preußische Taler war eingeteilt in 30 Groschen zu 12 Pfennigen.
Die Mark wurde zum Wert von 1/3 Taler bzw. 35 süddeutschen Kreuzern
als neue Einheit gewählt. –
Diese Währungsreform wurde im Geltungsgebiet des preußischen
Talers als eine Entwertung gesehen – analog zur DM-Nostalgie, die
nach der Einführung des Euro allseits empfunden wurde. So galt
der Taler, der überdies bis 1907 in komplizierter Weise als Zweitwährung
geduldet werden mußte, als Symbol für die »gute
alte Zeit«. Dadurch erklärt sich, daß Schweninger
den Wert der Wilhelmshöher Atemluft in Talern bemaß. –
Die Kaufkraft eines Talers, die Schweninger vorgeschwebt haben
muß, ist nicht leicht in heutige Verhältnisse umzurechnen,
vor allem da Arbeit gegenüber Sachwerten in der guten alten Zeit
viel billiger war. Mit einem Umrechnungskurs von 1 Taler = 10 Euro wird man näherungsweise hinkommen.)
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(Nach oben zum Inhaltsverzeichnis.)
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Kurheim Reichel / Dr. Schmidt (1874–1877)
Kuranstalt Dr. Wiederhold (1877–1920)
Kurklinik Dr. Rohrbach (1920–1965)
Hugo-Preuß-Straße 2 [Fürstenstraße 2] |
Das Grundstück am oberen, also westlichen Ende der Mulangstraße, ca. 1890. Auf der Postkarte liegt die »Kuranstalt« links auf Höhe des Schlosses.*MA
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In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden allmählich
die landwirtschaftlichen Flächen auf dem Hang südlich
des Parkdorfes Mou-lang erschlossen, auf denen heute die Villenkolonie Mulang
steht: Das »Burgfeld«, der »Wüste Hang«
und »am Stein«.
Die reizende Gruppe der Villen und Häuser – nacheinander im Besitz von von Dr. Justus Schmidt, Minna Reichel, Dr. Moritz Wiederhold und schließlich Dr. Wilhelm Rohrbach – lag (bzw liegt) auf dem obersten Hanggrundstück, ganz im Westen der Villenkolonie, in idyllischer Lage direkt am Park und mit schönstem Fernblick. |
Ca. 1875: Das »Schweizer Haus«, erbaut als
Kurheim vom kurfürstlichen Leibmedikus Dr. Justus Schmidt ca. 1867. Ansicht von Nordosten. (→) *10
Das Schweizer Haus von Osten,
ca. 1878. (Wie gerne würde ich mir einbilden, im Vordergrund stünde Justus Schmidt.) (→) *10
Das Schweizer Haus von Osten,
ca. 1878. (→) *10
Ca. 1875: Kurheim Reichel (die beiden Gebäude links) und Dr. Justus Schmidts »Schweizer Haus« (rechts), von der Mulangstraße aus, also von Norden. Dieses Bild und die drei folgenden stammen womöglich bereits aus der Wiederhold-Zeit.*13 / 0.001.211 / H.Förster
Kurheim Reichel von Süden, der Gartenseite,
ca. 1878. (→) *10
Kurheim Reichel von der Gartenseite,
ca. 1878. (→) *10
Kurheim Reichel von Norden, von der Mulangstraße aus,
ca. 1878. (→) *10
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Kurheim Reichel /
Dr. Justus Schmidt (1874–1877)
Kurheim Reichel (rechts) mit
dem »Schweizer Haus« (links)
von Osten, Holzstich von ca. 1875. (Offenbar hat sich der alte Holzstich-Druckstock erhalten; von dieser hübschen Graphik finden sich immer wieder neu gedruckte Exemplare.)*MA
Der ehemalige Leibarzt des Kurfürsten, Hofrat
Dr. Justus Schmidt, ließ am oberen, also westlichen Ende
dieser Fluren 1867, unmittelbar nach der Annektion des Kurfürstentums Hessen
durch die Preußen 1866 (und Exilierung des letzten Kurfürsten) eine Villa im »Schweizer
Stil« erbauen, die entweder von Anfang an auch der Gastlichkeit diente
oder schon nach kurzer Zeit zum Gasthaus und Kurheim umgewidmet
wurde. Heute läge sie im Anthoniweg nahe der Ecke Mulangstraße.
1874 entstand in unmittelbarer Nähe zusätzlich ein größerer
Bau im selben Stil: Das »Kurheim Reichel« von Frau Minna Reichel, der Witwe des Erbauers, einem Schriftgießer Reichel (laut »Hessenland 20/1906« (→)).
Minna Reichel, geb. 31.7.1823 in Wolfsburg, war Tochter eines Herrn Müller. Dieser wiederum war Diener der verwitweten Staatsministerin Reichsgräfin von der Schulenburg auf dem Wolfsburger Schloß gewesen.
Aus einem Prospekt des Kurheims Reichel:
»Die Villa
Reichel, welche im Jahre 1874 neu erbaut wurde, liegt 1000 Fuß
über dem Meere. Die ozonreiche Waldluft übt auf Gesunde und Kranke einen überaus festigenden Einfluß.
Die Zimmer der Südseite gewähren eine weite Fernsicht
auf den Rand des Habichtswaldes, das Fuldthal mit dem dahinter liegenden
Söhrewalde sowie auf die sehr lebhafte Bahnlinie und das eine
Stunde entfernte Cassel. Die Nordseite bietet eine nicht minder
malerische Aussicht nach dem Park sammt Schloß, Löwenburg
und Octogon. Die innere Einrichtung der Villa entspricht allen Anforderungen
der Neuzeit. Vierundzwanzig Zimmer, 3,20 m hoch, 3,60 m bis 5,50
m lang und breit, sämmtlich neu möblirt, stehen zur Verfügung.
Der größte Theil derselben ist heizbar und mit Balkon
versehen, daneben bietet eine große Veranda mit prachtvoller
Aussicht angenehme Sitzplätze, so daß man selbst bei
Regenwetter die balsamische Waldluft mit vollen Zügen einathmen
kann. Der Mietpreis für ein Zimmer beträgt je nach Lage
und Einrichtung 12 bis 27 M. wöchentlich. Zu jedem Zimmer wird
ein Bett gestellt, jedes Extrabett kostet pro Woche 3 M. Für
Aufwartung und Reinigung wird pro Zimmer wöchentlich 1 ½
M. berechnet.
Wenige
Schritte von der Villa Reichel liegt das rühmlich bekannte
Erholungshaus des Hofrath Dr. med. Schmidt. Hier finden die Bewohner der Villa eine gute Verpflegung.
Für Frühstück, Mittagsmahl und Abendbrod, welche
gemeinschaftlich im Speisesaal des Erholungshauses eingenommen werden,
sind à Person täglich 3 M., für Kinder unter 10
Jahren 2 M. zu zahlen. Die Verpflegung von Dienstpersonal wird für
den Tag mit 1 M. 75 Pf. berechnet. – Wer das Frühstück
sich selbst bereiten will – Gebäck wird täglich frisch
ins Haus gebracht – und auch an das gemeinsame Abendbrod nicht
gebunden sein möchte, kann den Mittagstisch zum Preise von
1 M. 75 Pf. auch allein bekommen. Ein vortreffliches Glas Kasseler
Actienbier vom Faß ist ganz in der Nähe zu finden [etwa
im »Pensionshaus Wilhelmshöhe« in der Wigandstraße
oder im Schloßhotel];
ebenso sind bayerische und andere Flaschenbiere nach Wunsch zu beziehen
[...].
Minna
Reichel Mönchebergstraße«*9
Villa Reichel und Villa Schmidt. Aus einem Trambahn-Spiel
von 1877 (Nachdruck 1984).*MA
Beide Häuser wurden in die Wiederhold’sche Kuranstalt integriert.
Das Kurheim Reichel hieß fortan »Das Alte Haus«.
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(Nach oben zum Inhaltsverzeichnis.)
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HNA-»Blick zurück« Nr. 1376 mit biographischen Angaben zu Moritz Wiederhold.*4
Wiederhold’sche Kuranstalt von Süden: das »Alte Haus«, ca. 1878. Noch steht das »neue Curhaus« nicht – es wird den rechts zu sehenden Schuppen verdrängen.*2
Souvenir-Leporello, ca. 1890, links das »Schweizer Haus«.*MA
Panoramabild noch ohne das »Neue Curhaus«, Bild des letzeren separat darunter, Foto um 1895 (Karte auf »1902/03« datiert).*MA
1894 (Stempel): Auf dem kleinen Bild das Portal der Kuranstalt unter der schicken Glas-Verbindungsbrücke zwischen Neuem und Altem Haus.*MA
Blick vom Park über die Mulangstraße auf das Neue und das Alte Haus, 1902.*MA
Anzeige von 1899.*9
Anzeigentext: Siehe rechte Spalte.
Postkarte, gestempelt 1903.*MA
Blick von der Mulangstraße hoch zur Wiederhold’schen Anstalt, ca. 1900. Rechts das Häuschen Mulang 5, vor dem »Neuen Haus« führt die Hugo-Preuß-Straße (damals Fürstenstraße) nach links.*MA
Ca. 1910 (?): Blick aus dem Park Wilhelmshöhe über die Mulang-Straße hinweg auf den Fachwerk-Anbau des »alten
Hauses«.*6
Ca. 1910: Im Park der Wiederhold’schen Anstalt.*6
1903: Das »Neue Haus« vom Zufahrtsweg der Löwenburg aus gesehen, Foto von Georg Friedrich Leonhardt (→).*MA
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Kuranstalt Dr. Wiederhold (1877–1920)
Die »Dr. Wiederhold’sche Kuranstalt«, Anzeige von etwa 1885 aus »Wegweiser durch Cassel, Wilhelmshöhe und Umgebung, 10. Auflage, Kassel, Verlag von Max Brunnemann«.*MA – Ganz rechts, an der Einmündung der heutigen Hugo-Preuß-(und damaligen Fürstenstraße) das neue große Gebäude, links daneben das einstige Kurheim Reichel, unter Wiederhold das »Alte Haus« genannt; in der Bildmitte das »Schweizer Haus«, die einstige Villa Schmidt (siehe das Kapitel unmittelbar vor »Kuranstalt Dr. Wiederhold«). Von den drei Villen links sind zwei erhalten: ganz links »Villa Waldeck I«, heute Anthoniweg 10; das zweite von links war »Villa Waldeck II«, Anthoniweg 14. Die dritte Villa von links war das Wohnhaus Dr. Wiederholds.
Hier klicken (→) für einen Link auf ein Foto im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig, beschriftet: »Sogenanntes Schweizerhaus in Dr. Wiederhold’s Kuranstalt. Balkon re. Prof. Karl Otto Müller; im Erdgeschoß: (Mitte) der wohlbeleibte Dr. Wiederhold!«
Dr. Moritz Wiederhold (1849–1906), war als Kurarzt in
der 1840 gegründeten Kaltwasserheilanstalt Kassel-Wolfsanger
tätig gewesen. Er verließ diese Anstalt, als ihm finanzielle
Beteiligung verwehrt wurde (aus dem gleichen Grund verließ
auch später Dr. Greveler die Anstalt in »Bad Wolfsanger«).
Wiederhold kaufte 1877 das Haus von Dr. Schmidt, das Kurheim
Reichel sowie das große angrenzende große Parkgrundstück.
Von da an hieß die Gebäudegruppe »Dr. Wiederhold’s
Sanatorium und Kuranstalt«.
Aus einer Anzeige von 1899:
»Die
Anstalt mit ihren Anlagen bildet die oberste Spitze der in kräftigem
Aufblühen begriffenen Villenkolonie und ist die erste und älteste
Schöpfung, durch welche die großen hygienisch-klimatischen
Vorzüge der Wilhelmshöhe dem Erholung und Genesung suchenden
Publikum nutzbar gemacht wurden. Die Anstalt umfaßt ein Gelände
von über 12 Morgen Größe, darunter 2 ½ Morgen
schattigen, mit alten Eichen und Buchen bestandenen und mit Ruheplätzen
versehenen eigenen Waldes – übrigens Park- und Gartenanlagen.
Nach Vollendung des großen neuen Kursaalgebäudes [des
»neuen Hauses«]
im Jahre 1892 und nach Erwerb der bisherigen Privatvilla Waldeck
No.2 [erhalten, heute Anthoniweg 10]
werden 6 für sich getrennte Häuser den Kurzwecken dienen,
die außer einem großen, ca. 120 Personen fassenden Speisesaal,
2 Wintergärten, 1 Konversations- und Billardsaal, Musik-, Damen-,
Lesezimmer, einer Anzahl offener und gedeckter Veranden und Balkone,
großer Liegehalle und heizbarer Kegelbahn zu gemeinsamer Benützung
– noch 86 Zimmer für Kurgäste enthalten, die den
verschiedensten Ansprüchen an Komfort und Ausstattung entsprechen
werden.
Der Verkehr mit Cassel und der Umgebung wird vermittelt:
erstens durch das Fuhrwerk des Hauses – 6 Pferde und verschiedene
Wagen stehen den Gästen gegen feste Taxen zur Verfügung,
zum Abholen von den Bahnhöfen, zweitens durch die 5 Minuten
von der Anstalt [am Schloßpark-Ende
der heutigen Kurhausstraße]
endigende, jetzt elektrisch betriebene Straßenbahn, drittens
durch die Eisenbahn-Station ½ Stunde von der Anstalt entfernt
–, sowie endlich durch Droschkenfuhrwerk, und gewährt
namentlich die Straßenbahn auf billige, sichere und rasche
Weise die Möglichkeit, sich der verschiedenen Kunstgenüsse,
die Cassel mit seinen Museen, Bildergalerien, Theater, Konzerten
etc. bietet, teilhaftig zu machen, soweit dies natürlich mit
der Kur vereinbar ist. [...]
Wie aus den Bedingungen der Aufnahme ersichtlich ist,
ist die Anstalt auch während des Winters zur Aufnahme von Kurgästen
geöffnet, und ist es des Unterzeichneten Absicht dabei, einesteils
den Kranken, bei welchen sich das Leiden spät im Jahre, so
daß anderweitige Kuren nicht mehr unternommen werden konnten,
entwickelt haben, den Winter nicht ungenutzt vorübergehen lassen
wollen, einen Aufenthaltsort zu bieten, an welchem sie eine zweckentsprechende
Kur gebrauchen können; andernteils wollte ich auch jenen Gästen,
die schlechtweg als Nervöse bezeichnet werden – also allen
an Hypochondrie, Hysterie, Spinalirritation, Neurasthenie Leidenden
–, ein Asyl, in welchem sie sich heimisch fühlen können,
begründen. Diese Unglücklichen, welche so häufig
es nicht in der Familie und ihrer Häuslichkeit aushalten können,
weil sie durch das Maßlose ihrer Klage bei wenig zu Tage tretender
körperlicher Hinfälligkeit den Grund zu falscher Beurteilung
ihres Zustandes legen und sich verkannt und mißachtet wähnen,
werden, wenn es notwendig befunden, daß sie einmal von der
Familie getrennt unter kundiger ärztlicher Pflege und Beobachtung
längere Zeit hindurch zubringen sollen, auch während des
Winters hier unter denkbar günstigen Verhältnissen sich
erholen und zu den ihrigen gekräftigt und gestärkt zurückkehren
können. Als Vorzug des Aufenthaltes in hiesiger Anstalt wird
es aber jedenfalls anerkannt werden müssen, daß kein
ausgesprochen schwer Erkrankter im Hause Aufnahme findet und seinen
ungünstigen Einfluß auf die anderen Gäste ausüben
kann.
Wilhelmshöhe, September 1899.
Dr. Wiederhold
prakt. Arzt«*9
Die Anstalt wurde also 1892 um den großen Anbau erweitert. Der strenge Jugendstil
dieses Neubaus muß damals ausgesprochen modern gewirkt haben;
in der Villenkolonie wurden noch lange danach Häuser im »Schweizer« Stil
und in allerhand historistischen Spielarten errichtet.
* * *
Eine Ausgabe der Wochenschrift »Cassel-Wilhelmshöher
Fremdenblatt mit der Kurliste« vom 4.Juni 1910, führt
unter dem Eintrag »Sanitätsrat Dr. Wiederholds Kuranstalt.
Leitender Arzt: C. Deetjen« eine Liste der »anwesenden
Kurgäste und Fremden« auf, wie das für Kurzeitungen
der damaligen Zeit üblich war. Einige Namen: Fr. Dr. Buchenau
und Frl. Tochter, Bremen /
Fr. Marie Schumacher und Begleitung, Insel Fehmarn /
Fr. Steuerrat Scherer, Cassel /
Schw. M. Roose, Berlin.*MA
Unter den 36 Personen auf der Liste sind nur vier Männer,
und nur ein Name trägt das Sternchen eines seit »der
letzten Liste neu angekommenen« Gastes. Diese geringe Fluktuation
weisen auch die Gästelisten der anderen Kuranstalten in dieser
Ausgabe auf, und übrigens auch die der Hotels. – Bis auf
»Frau Schmitz, Antwerpen« kommen alle Gäste aus
Deutschland.
* * *
Moritz Wiederhold war auch einer der ersten Villen-Erbauer in der 1900 gegründeten Gartenstadt Brasselsberg, wo er zum Zwecke der Versorgung seiner Kuranstalt ein Gut einrichtete. Das Haus ist erhalten; heutige Adresse: Wiederholdstraße 20. Siehe das entsprechende Unterkapitel im Kapitel »Stadtteil Wilhelmshöhe«.
Dr. Moritz Wiederhold starb 1906 und wurde auf
dem Mulang-Friedhof (Ecke Mulangstraße / Schloßteichstraße)
beigesetzt. Die Grabstätte der Familie ist erhalten. Nach seinem Tode wurde die Kuranstalt zunächst
von seiner zweiten Ehefrau Emmy, geb. Boeddinghaus, gemeinsam mit dem Arzt
Dr. C. Deetjen weitergeführt.
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(Nach oben zum Inhaltsverzeichnis.)
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HNA-»Blick zurück« Nr. 1196 mit biographischen Angaben zu Wilhelm Rohrbach.*4
Um 1920: Noch heißt es »Sanatorium Wiederhold«, der neue Inhaber ist aber schon genannt. Unten auf der Karte das Schweizer Haus.*MA
Um 1920: Oben das Alte Haus, Gartenseite.*MA
Ca. 1925: Das »alte Haus« von der Gartenseite.*MA
1936 gestempelt: »Klinisches Diätsanatorium und Kneippkuranstalt«.*MA
1939 gestempelt, Rückseitentext wie auf der Karte darüber.*MA
1930er Jahre, Rückseitentext wie auf der Karte darüber.*MA
Das teilzerstörte »Schweizer Haus«, nach dem Krieg
und vor dem bedauerlichen Abriß aufgenommen.*MA
Dr. Wilhelm Rohrbach,
ca. 1955.*9
Ca. 1955, aus der gleichen Zeit wie die große Postkarte in der rechten Spalte. – Hinter dem Haus quer die Hugo-Preuß-Straße.*MA
Lehrbuch von Dr. Wilhelm Rohrbach,
Lübeck 1949 (Lübeck: Haase, 1949). Weitere Werke Dr. Rohrbachs: Siehe rechte Spalte.*MA
Dr. Rohrbach machte sich auch um Kulturangebote in Wilhelmshöhe vielfältig verdient, so etwa um Theater und Konzerte im Hof der Löwenburg. Plakat von ca. 1960.*MA
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Kurklinik Dr. Rohrbach (1920–1965)
1920er Jahre.*MA
Dr. Wilhelm Rohrbach (1887–1970) erwarb 1920 im Alter
von 33 Jahren die Wiederhold’sche Anstalt. Er war nach Familien-Überlieferung
unter etwa 15 Interessenten wegen seiner (zumal für
einen Arzt) besonders schönen Handschrift ausgewählt worden.
1922 kaufte er »Dr. Gregers Fachschule für Massage, Badewesen, Elektrotherapie
und verwandte Gebiete« hinzu, wohl die erste Schule dieser
Art überhaupt. Diese Massageschule
wurde nach dem Kriege weitergeführt, zunächst in den heute
von einem Bahn-Planungsbüro benutzten ehemaligen SS-Baracken
am Panoramaweg, in südlicher Richtung an den Anthoniweg angrenzend (zu diesen Baracken: siehe das Kapitel »Die Außenstellen des KZ Buchenwald in Mulang«).
Ende der 1960er Jahre übernahm Evamarie Junginger-Rohrbach,
die Tochter Dr. Wilhelms Rohrbachs, die Schule, die inzwischen in
Untergeschossen der Orthopädischen Klinik untergekommen war.
Zu Beginn der 1980er Jahre ließ sie nahe der Orthopädischen
Klinik einen Neubau errichten, nachdem Anfang der 1970er Jahre eine
Übernahme des Kurhauses an Auflagen der Stadt gescheitert war.
Auch heute noch gibt es in Wilhelmshöhe die »Schulen
Dr. Rohrbach«, die inzwischen zur Gruppe der Bernd-Blindow-Schulen
gehören. Hier
ein Link (→) auf deren Internet-Seite.
1922: Anzeige des Kurhauses Dr. Rohrbach (In: Deutsche Stadt – Deutsches Land. Eine Bücherreihe. Herausgegeben von Erich Köhrer. Band IV: Cassel. Berlin: Lima [1922]).*MA
Dr. Wilhelm Rohrbach war für den Kurbetrieb
in den schwierigen Jahren zwischen den Kriegen und für die
kurze Blüte des Kneipp-Heilbads und Luftkurorts Wilhelmshöhe
in den 1930er Jahren die maßgebliche Größe.
Hier klicken für ein PDF der Wilhelmshöhe-Seiten in: Lührs gelbe Reise- und Städteführer. Band 12. Kassel und seine Ausflugsorte. Verlagsanstalt Rastede-Oldenburg, ca. 1935. Die Rohrbach-Anzeige findet sich auf Seite 74.*MA – Die Hugo-Preuß-Straße hieß
damals noch »Fürstenstraße«.
Bebilderter Prospekt von 1939, 12 Seiten. Auf das Bild klicken für ein vollständiges PDF (→).*MA
* * *
Das »Kurhaus Dr. Rohrbach«
wurde am 8.3.1945 zerstört: das »alte Haus« (das frühere Kurheim Reichel)
vollständig, der neuere Anbau wurde schwer beschädigt
und schlichter wieder aufgebaut. Dr. Wilhelm Rohrbach praktizierte
dort nach dem Krieg weiter und war gemeinsam mit Dr. Oskar Kluthe (siehe weiter unten, »Kur- und Badehaus«) derjenige, dem 1950 die Wieder-Erlangung
des Bad-Prädikates für Wilhelmshöhe und die
anschließende erneute Blüte des Kneipp-Heilbads Wilhelmshöhe
hauptsächlich zu verdanken waren. Die Gedanken Dr. Rohrbachs,
die er in seinem kleinen Werk »Heilend gewagt – lehrend
gesagt« 1967 herausbrachte, lesen sich wie eine heute noch
aktuelle Anleitung zur Führung eines Kur- und Badeortes. Die
Tätigkeiten und Verdienste Rohrbachs für die Patienten und für den Stadtteil Wilhelmshöhe aufzuzählen hieße
den Rahmen dieser Internet-Site sprengen.*9
1965 mußte Dr. Rohrbach die Krankenanstalt
»als Folge des Schwesternmangels in der Bundesrepublik«
aufgeben. Nach dem Verkauf des Gebäudes an die Evangelische
Landeskirche Kurhessen-Waldeck wurde darin zunächst das Theodor-Litt-Institut
eröffnet; auf dem Anstaltsgelände wurde in einem am Orte des früheren »Alten Hauses« eine kirchliche Fortbildungsstätte errichtet, die heute (2020) noch besteht. 1989 übernahm das Diakonische Werk das Hauptgebäude und richtete das (1890 gegründete) Evangelische Fröbelseminar ein. Seit ca. 2018 wird das Gebäude als »Campus am Park« vom CVJM genutzt.
Dr. Wilhelm Rohrbach starb 1970 hochgeachtet und vielausgezeichnet
als Arzt und Bürger. Nach ihm wurde ein Platz im Wilhelmshöhe Marbachshöhe benannt.
Ca. 1955: Postkarte der »Privatkrankenanstalt Dr. Rohrbach.*MA Staatl. anerkannte Massageschule«. Blick
auf das wieder aufgebaute »neue Haus«, man erkennt links unten den alten Sockel an der Ecke Mulangstraße/Hugo-Preuß-Straße. Der VW Käfer steht unter der nicht mehr vorhandenen Glasbrücke zum ebenfalls verschwundenen »Alten Haus«. – Auf der Rückseite ist, wohl von Patientenhand, notiert:
»Chefarzt: Dr. Rohrbach
2. Arzt: Med. Rat Dr. Schurian
Ob. Schwester: Elisabeth
2. Schwester : Hedwig
3. ” : Erna
Bademeister: Schmeißer
Bademeisterinnen: Elfriede u. Schwester Anni
Büro: Frl. v. Funk
Frl. Landau [...]«
1949: Dr. Wilhelm Rohrbach im Kreise seiner Schüler im Untergeschoß
des wiederaufgebauten Hauses.*MA
Im Mulang-Archiv vorhanden:
• Leitfaden für den Staatlichen Massagekursus (Anatomie, Physiologie, Massage, Heilgymnastik, Krankheitslehre, Erste Hilfe, Berufslehre). Von Dr. med. Wilhelm Rohrbach. (6)1940, Leipzig: Komm.-Verlag von Krüger & Co., 264 Seiten. (Auf dem Nachsatz handschriftliche Liste von Massageschulen.)
• Dr. med. Wilhelm Rohrbach, Kassel Wilhelmshöhe: Lehrbuch der Bäder- und Massagekunde. Ein Nachschlagewerk für Studium und Praxis. Lübeck: Haase, 1949. 344 Seiten.
• Gesund bleiben und lange leben. Ein Wegweiser durch die Kneippkur und neuzeitliche Ernährungsweise insbesondere nach Bircher-Benner, Kollath und Hauser von Dr. Wilhelm Rohrbach. Privatdruck, (3)1954, 80 Seiten.
• 40 Jahre Privatkrankenanstalt Dr. Rohrbach (zugleich fünfunddreißigjähriges Bestehen der staatl. anerkannten Massageschule in Kassel-Wilhelmshöhe). Privatdruck, dem Titel zufolge von 1960, 8 Seiten.
• ›Heilend gewagt – Lehrend gesagt‹. Erinnerungen und Hoffnungen als ärztlich-pädagogisches und christlich-soziales Vermächtnis zum 80. Geburstag am 18.2.1967. Dr. Med. Wilhelm Rohrbach, Stadtältester der Stadt Kassel. Privatdruck, 48 Seiten.
• Hände · helfen · heilen. Fünfundvierzig Jahre Massageschule und Lehranstalt für medizinische Bademeister Dr. Rohrbach, Privatdruck, Oktober 1967, 16 Seiten.
• Wie lebe ich mein Leben. Besinnlich Stunden im Patientenkreis. 2. Band zu ›Hygiene des Leibes und der Seele‹. Privatdruck, Geleitwort (von Dr. Friedrich Wilhelm Schluckebier) und Nachwort des Verfassers 1968 datiert, 40 Seiten.
• Staatlich anerkannte Lehranstalt für Masseure und medizinische Bademeister Dr. Rohrbach. Inhaberin und Leiterin: Evamarie Junginger-Rohrbach. Ärztlicher Leiter: Prof. Dr. med. Wolfgang Krause. Privatdruck, ca. 1980, 12 Seiten.
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(Nach oben zum Inhaltsverzeichnis.)
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Goßmanns Natur-Heilanstalt
sowie »Schweizer Haus« 1 und 2 |
Ca. 1880: Ein Gartenhaus in der »Gegend der jetzigen Gossmannschen Anstalt«, so die rückseitige Beschriftung. Foto: Emil Fr. Rothe. (→) *10
1896 datiert und gestempelt: frühe Postkarte.*MA
1897 und 1899, mit guten Ansichten der beiden großen Häuser (Haupthaus: »Pensionshaus«, dahinter das »Kurhaus«, die Lufthütten und das ›Schweizer Haus 1‹.*MA
Das ›Schweizer Haus 1‹ vor dem Umbau, noch nicht zur Goßmannschen Anstalt gehörig, sondern »Restaurant und Café« mit hübschem Glas-Anbau. Gestempelt 1896.*MA (›Schweizer Haus 1‹: nicht zu verwechseln mit einem benachbarten›Schweizer Haus 2‹ [siehe weiter unten] – und dem ›Schweizer Haus‹ des Sanatoriums Wiederhold.)
Das Pensionshaus. Dahinter erahnt man das »Kurhaus«. Datiert und gestempelt 1917.*MA
Das Pensionshaus von Norden, dahinter das ›Schweizerhaus 2‹ (siehe weiter unten), datiert 1905.*1
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Minna Goßmann, »Vegetarisches Kochbuch« (Erstausgabe 1894), dritte Auflage, 1905; 138 Seiten plus Werbe-Anhang. Oben: U4 und U1, darunter: Porträt der Autorin und Haupttitel.*MA
* * *
Zeitschriftenwerbung in Form eines redaktionellen Beitrages, ca. 1900.*MA
Postkartenserie um 1920.*MA
Lazarett im Ersten Weltkrieg.*1
* * *
Geschäfts-Briefbogen, datiert 1905.*MA
Patienten-Briefbogen, datiert 1907.*MA
1928: Brief an einen Interessenten, unterzeichnet von Dr. Walther
Goßmann, dem Sohn des Gründers (Fund in einem Werbeprospekt des Sanatoriums).*MA
* * *
Die »Hauptfront« mit Eingang.*MA
Die Wandelhalle.*MA
Damenbad, Herrenbad.*MA
Herren-Sonnenbad, Liegehalle am Waldesrand.*MA
Frühstücks-Veranda, Speisesaal.*MA
* * *
Hier klicken für eine Doppelseite aus »Kassel und seine Wilhelmshöhe. Hg. vom Verkehrsverein der Stadt Kassel« von ca. 1935 mit einer illustrierten Goßmann-Anzeige.*MA
* * *
»Kneipp-Gesundheitshaus«: »Wir sind nun 8 Tage hier, wir wollen 4 Wochen bleiben. Die Anwendungen bekommen uns bis jetzt gut. Alles andere, Essen, Zimmer, alles bestens.«
Datiert 11.7.1966.*MA
»Kneipp-Gesundheitshaus Wilhelmshöhe«, ca. 1965.*MA
»Kneipp-Heilbad Wilhelmshöhe bei Kassel«, »es gefällt mir sehr gut, besonders das Faulenzen«, gestempelt 1965.*MA
Aus »Führer durch Kassel und Wilhelmshöhe 1966/67«.
Noch ist vom Abriß keine Rede.*MA
Drei Prospekte*MA des Kneipp-Gesundheitshauses (auf die Jahreszahlen klicken für PDFs (→)):
• Ca. 1935, 8seitig, Klammerheftung.
• Ca. 1940, 8seitig, Klammerheftung, 2seitige Beilage. Das Heft wurde offenbar umgestempelt in den 50ern weiterverwendet.
• Ca. 1950, 8seitiger Leporello, 2 1seitige Beilagen.
* * *
»Schweizer Haus« – so hießen zwei benachbarte Häuser.
Eines davon, hier zum besseren Verständnis ›Schweizer Haus 1‹ genannt, gehörte zur Goßmannschen Anstalt, steht auf der selben Seite der Druseltalstraße (damals »Kohlenstraße«) wie die Anstalt, etwas talabwärts von dieser, und hatte einen kleinen Turm. Der Turm ist weg, das Haus steht noch: heutige Adresse ist Im Druseltal 8. In diesem 80seitigen Buch der Goßmannschen Anstalt findet sich ein großes Bild des »Schweizer Hauses 1« auf Seite 27 sowie die Beschreibung der dortigen »Reform-Cafés« auf Seite 33f.
Das andere Haus, hier ›Schweizer Haus 2‹ genannt, hat einen höheren Turm und steht leicht hangab versetzt (immer noch, heutige Adresse: Im Druseltal 11) auf der anderen Seite der Druseltalstraße.
Privatfoto: ›Schweizer Haus 2‹, 1925.*MA
Blick über das ›Schweizer Haus 2‹ auf das Sanatorium. »Cassel-Wilhelmshöhe, Kohlenstraße 339«. Das ›Schweizer Haus 1‹ ist am rechten Bildrand zu erahnen. Datiert und gestempelt 1924.*MA
Café Hubertus: ›Schweizer Haus 2‹, ca. 1960.
»Café Hubertus, Konditorei Fiedler, Im Druseltal 11«: ›Schweizer Haus 2‹, gestempelt 1961.*MA
– – –
Weiter mit dem »Schweizer Haus 1«:
Speisekarte: »Fest-Essen zur Eröffnungs-Feier des Restaurant ›Schweizerhaus‹ Wilhelmshöhe, 2. Mai 1895.«, betrieben ebenfalls von Heinrich Goßmann unter der Adresse »Wilhelmshöhe 161« (Adreßbuch von 1898).*12
Luftbild: aufgenommen über das ›Schweizer Haus 1‹, »Cassel-Wilhelmshöhe, Kohlenstraße 339«, hinweg auf das Sanatorium. – Das ›Schweizer Haus 2‹ ist vom linken Bildrand gerade so abgeschnitten. Datiert und gestempelt 1924.*MA
»Kaffee-Schweizerhaus« (›Schweizer Haus 1‹), 1926.*MA
»Reichsverband der Evangelischen Jungmännerbünde Deutschlands«: ›Schweizer Haus 1‹, 1930.*MA
Im ›Schweizer Haus 1‹ residierte auch der »Reichsonkeldoktor« Dr. phil. Karl Otto Horch (→):
»Christliche Jungschar, Reichsonkeldoktor K. O. Horch«, ca. 1925, Vorder- und Rückseite.*MA
»Die junge Schar, Reichsonkeldoktor K. O. Horch«, ca. 1925, Vorder- und Rückseite.*MA
Ca. 1970: Schweizer Haus 1 (links), Schweizer Haus 2 (rechts).
* * *
Der »Panorama-« oder auch »Waldweg« führt heute vom Augustinum,
dem ehemaligen Standort der Goßmannschen Anstalt, am Saum des
Habichtswaldes entlang nach Mulang:
Rechts die Hugo-Preuß-Straße (siehe dort). Der Ruheplatz, den man auf der farbigen Karte im Vordergrund sieht, ist in traurigen Tuffstein-Resten erhalten.*MA
|
Anzeige von ca. 1900.*MA
Farbige Karte, gestempelt 1915.*MA
Die prächtigste Kuranstalt von Bad Wilhelmshöhe war »Goßmanns
Natur-Heilanstalt«, erbaut von Heinrich Goßmann
aus Kassel-Wehlheiden. Sie lag nicht in Mulang, sondern am Rande
des Habichtswaldes an der Druseltalstraße (damals Kohlenstraße).
Vor Gründung dieses Hauses hatte Goßmann, ein »Gesundmacher«
aus Leidenschaft, nach gründlicher Ausbildung in seinem Elternhaus
in der Querallee 24 ein Sanatorium betrieben (HNA-»Blick zurück« 361,*4).
Er war auch Mitbegründer des »Naturheilvereins Kassel
1891 e. V.«, der immer noch besteht, welcher die schöne,
sozial- und kulturhistorisch bedeutsame Anlage »Luftbad
Waldwiese« im Habichtswald einst erbaut sowie
zusammen mit dem Verein »Luftbad
Waldwiese e. V.« (→) vor der Zerstörung vorläufig
bewahrt hat.
Die Schicksale der Goßmannschen Anstalt taugen
auch gut als Sinnbild für die »vielen guten Ansätze
und mannigfachen Verhinderungen« des Kur-Standortes Wilhelmshöhe,
wie Kurarzt Dr. Helmuth Greger im Jahre 2000 in einem Vortrag formulierte
(den er sehr liebenswürdig in Schriftform zur Verfügung
gestellt hat und dem sich zahlreiche Anregungen für dieses
Kapitel verdanken). Zudem liegen über diese Anstalt viele Dokumente
vor, anhand derer ein Bild des einstigen Kur-Lebens in Wilhelmshöhe
vermittelt werden kann.
* * *
Am 26. August 1894 wurde die Heilanstalt unter
reger Anteilnahme Kasseler Bürger eingeweiht. Von Größe
und Pracht her konnte sie sich mit erstklassigen Häusern etwa
in Schweizer Badeorten messen und erfreute sich größten
Zuspruchs, wie auch der abgebildete Brief beweist.
Zwei Beiträge aus Wolfgang Hermsdorffs überaus
verdienstlicher Reihe »Ein Blick zurück«
befassen
sich mit Heinrich Goßmann; aus diesen Beiträgen wird
hier auch einiges zitiert. Beim Klicken auf die Nummern öffnen
sich Bilddateien mit den vollständigen Beiträgen:
Nr. 361:
»Von Wehlheiden nach Wilhelmshöhe
– Vor 75 Jahren bezog Heinrich Goßmann seine neue Naturheilanstalt
– Vielfältiges Wirken« vom 23.08.1969.*4
Nr. 695:
»Leben und Heilen auf natürliche
Weise – Naturheilverein
Kassel 85 Jahre alte – Initiatior Goßmann heute noch
Vorbild – Schrebergärten mit Luftbad« vom
21.08.1976.*4
* * *
»Sanatorium Gossmann«, ca. 1910. Ein 80seitiges Buch mit zahlreichen Abbildungen. Auf das obige Bild oder hier klicken (→) für ein PDF mit durchsuchbarem Text und reduzierter Bildqualität (10 MB), hier klicken (→) für ein PDF mit sehr guter Bildauflösung (44 MB).
* * * (Nach oben zum Inhaltsverzeichnis.) * * *
Ein imaginärer Kuraufenthalt zu Anfang
des 20. Jahrhunderts:
Der Kurgast kam als Fernreisender am Hauptbahnhof
an, nach Umstieg (oder als Regionalreisender) am Bahnhof Wilhelmshöhe.
Bahnhof Wilhelmshöhe, gestempelt 1904.*MA
Am Bahnhof Wilhelmshöhe, datiert und gestempelt 1905.*MA
Von dort ging es mit der Straßenbahn
zur Haltestelle »Brabanter Straße« (vor der Kurhausstraße 30), von wo man einige Schritte zur Haltestelle Palmenbad ging und in die Herkulesbahn umstieg. Gleich nach der abgebildeten
Haltestelle »Luisenhaus« kam der Haltepunkt
an der Goßmannschen Anstalt.
Haltestelle am Kurhotel (später Luisenhaus) mit Blick auf die Goßmannsche Anstalt, ca. 1910. In der Mitte das ›Schweizerhaus 1‹. Man beachte die noch ungeteerte Druseltalstraße.*MA
Wir kommen näher. Blick aus dem Garten des Kurhotels, in der Mitte das ›Schweizerhaus 1‹, ganz links die Turmspitze des ›Schweizerhauses 2‹ (zu diesen Häusern: siehe linke Spalte). Gestempelt 1913.*MA
Ein Blick zurück vorbei am ›Schweizerhaus 2‹ auf das Kurhotel, ca. 1900.*MA
Herkulesbahn-Haltestelle Goßmann, rechts das ›Schweizerhaus 1‹. Gestempelt 1912.*MA
Wer vergessen hatte auszusteigen, sah das Sanatorium so von oben aus der Druseltalstraße – und sprang an der »Haltestelle Kaisersweg« hinaus (auf dieser sehr ähnlichen Karte »Kaiserweg« genannt). gestempelt 1908.*MA
Wem die Börse lockerer saß, der nahm eine Droschke.
(Zu den Preisen: Man kann sie etwa verzehnfachen, um auf heutige Euro-Preise zu kommen. Siehe dazu die Bemerkungen oben in diesem Kapitel, am Fuße des Teilkapitels »Einführung«)
Beförderungstarife
1910
»Grosse Casseler Straßenbahn:
Grundpreis 10 Pf, für jede Teilstrecke 5 Pf.
Herkulesbahn: Palmenbad–Goßmann 15 Pf., zurück
10 Pf.
Pferdedroschke: Nach der Wilhelmshöhe 4 Mk.
Eleganter Landauer einschl. Trinkgeld nach Wilhelmshöhe:
ab 8 Mk.
Kraftdroschken: 1,50–2 Mk.«
Das Gepäck
wurde üblicherweise von Dienstleuten transportiert; an den
Bahnhöfen standen Gepäckwagen aller großen Hotels
und Kureinrichtungen. Wer einen Dienstmann brauchte, zahlte ihm
nach »Taxenordnung für Dienstmänner« von 1903:
bis 5 kg: 30 Pf. / 5 bis 25 kg: 40 Pf. / 25
bis 50 kg: 60 Pf. / je weitere 25 kg: 20 Pf.
/ Transport in Stadtrandgebiete + 20 Pf.
Wer ganz
prächtig reiste, kam im eigenen Automobil. Garagen waren vorhanden,
ebenso einfache Unterkünfte für Chauffeure.
Nach der Ankuft bei Goßmann ging man
zum Eingang an der Druseltalseite ...
Herkulesbahn-Haltestelle Goßmann, gestempelt 1912.*MA
... man betrat die Vorhalle, einen prächtigen, dabei behaglichen
Saal, bekam dort das Zimmer zugewiesen ...
Vorhalle, datiert 1931 (aber unverändert seit dem Bau. Der sonderbare Knick in der Raumdecke geht auf eine Fotomontage zum Zweck größeren Weitwinkels zurück).*MA
... und war im Haupthaus angelangt:
Das Haupthaus. Gestempelt 1901.*MA
Preise für den Kurgast 1928:
»Aufnahme-Untersuchung
... Mk.15,–
Gesamtkosten: Pensionspreis einschl. Steuern, Kur, ärztlicher
Behandlung wöchentlich von ... Mk.84 an (für die 2. Person
in einem Zimmer werden Mk.7,– wöchentlich in Abzug gebracht)
Bei Schroth- und Fastenkuren werden Ermäßigungen gewährt.
Besondere Kosten: [...]
Liegestuhl wöchentlich Mk.2,–. Mitzubringen sind nach
Möglichkeit: Badetuch, 2 Wolldecken, auch empfiehlt sich
Material für Wickel und Packungen mitzubringen (hier auch käuflich
zu haben).«
Vor Ort konnte passendes
Schrifttum erworben werden –
*MA
– wie etwa die abgebildeten Bücher »Das
Wasser als Volksheilmittel. Kurze praktische Anleitung nach fünfzigjähriger Erfahrung« von Direktor Heinrich Goßmann
sen., 104 Seiten (erschienen allerdings erst 1937 bei Meyer & Co., Leipzig) oder »Verjüngung durch naturgemäßes Leben und
seelische Höherentwicklung« von Dr. med. Eugen Heun,
Arzt an Dr. Goßmanns Sanatorium, Kassel-Wilhelmshöhe, 100 Seiten
(1928, Ziel-Verlag Hamburg).
Weiteress Goßmann-Schrifttum im Mulang-Archiv:
• »Vogt’s anticollänische Radicalkur«. 4seitiges Merkblatt von »Dr. Lindtner, leitender Arzt von Gossmanns Sanatorium«, ca. 1900.
• »Nervosität.« 4seitiges Merkblatt von »Dr. Lindtner, leitender Arzt von Gossmanns Sanatorium«, ca. 1900.
• »Leitende Grundsätze bei Herstellung von Gossmanns Ventilations-Wäsche – gleichzeitig ein Beitrag zur Bekleidungs-Reform.« 4seitiges Werbeblatt von Heinrich Goßmann, datiert 1905.
• »Krankenberichte aus Gossmann’s Sanatorium Cassel-Wilhelmshöhe«. 72seitige Broschüre o. U., ca. 1905.
• »Goßmann’s Sanatorium in Wilhelmshöhe-Cassel«. 16seitiger Prospekt, grüner Broschurumschlag mit blauem Druck, ca. 1905.
• »Gossmann’s Naturheilanstalt Cassel-Wilhelmshöhe.« 4seitiges Werbeblatt von Heinrich Goßmann, datiert 1907.
• »Goßmann’s Naturheilanstalt Wilhelmshöhe-Cassel. Sanatorium für physikalisch-diätetische Heilweise. Direktor und Besitzer: Heinrich Goßmann. Arzt: Dr. med. Lindtner. Ärztin: Frl. Dr. med. Jeschko (Schweiz approbiert).« 80seitige Einführung in die Heilweise, Beschreibung von Kuren und Tagesabläufen, zahlreiche Fotos, roter Broschurumschlag mit schwarzem Aufdruck »Sanatorium Goßmann Wilhelmshöhe«, ca. 1910. Vollständiges PDF: Siehe weiter oben auf dieser Seite.
• »Dr. Goßmann’s Sanatorium Cassel-Wilhelmshöhe, Kuranstalt für physikalisch diätetische Heilweise und Psychotherapie«, »Ärzte: Leitender Arzt: Dr. med. Walther Goßmann, Hausarzt: Dr. med. Eugen Heun; nach mehrjähriger Tätigkeit an an den Sanatorien: Dr. Oberdörffer, Schloß Rheinburg, Dr. Bircher-Benner, Zürich und Dr. Gossmann, Wilhelmshöhe«, 32seitige Broschüre mit vielen Abbildungen (von dort stammen die vielen Bilder mit den Punktlinien-Ränden in der linken Seitenleiste), ca. 1920.
Es gab aber auch weniger ernsthafte Kurgäste: Ein erhaltener
Postkartengruß aus der Goßmannschen Anstalt lautet folgendermaßen:
»Herrn Bäckermeister Schmidt,
Greiz i. Thür. / Bin gut angekommen. Sendet einen Kuchen! –
Wilhelm.« Solche Gäste freuten sich auch über
den Nachtrags-Zettel, der in die Broschüre eingeklebt war:
»... Ein Rauch- und Spielzimmer
mit vorzüglichem Billard ist eingerichtet worden ...«.
Die Kurwilligen unterzogen sich folgenden »Hauptmethoden
natürlicher und biologischer Reizanwendungen:
1. Ernährung: Abwechslungsreiche Fleisch- und
vegetarische Diät unter Berücksichtigung der Dr.
Lahmann’schen Grundsätze betreffs Nährsalze und der
modernen Vitaminforschung. Tisch für Korpulente, für
Magenkranke, für Zuckerkranke. Obst- und Rohkostkuren
zur energischen Stoffwechselumstimmung (Entsäuerung, Entsalzung,
Mineral- und Vitamin-Versorgung), Trockenkuren nach Schroth
und Fastenkuren als sehr wirkungsvolle Methoden bei schweren
körperlichen Leiden.
2. Das gesamte Wasserheilverfahren (kalte, warme, bis heiße
Wasser- und Dampfanwendungen. (Wärmekultur).
3. Elektrische Anwendungen: Elektrische Wasserbäder,
Vierzellenbad, Schwachstrombehandlung, Langwellstrahler, elektrische
Lichtbäder.
4. Lichtbehandlung: Freiluftbäder, Sonnenbäder,
künstliche Höhensonne, Rot- und Blaulichtbestrahlung.
5. Ruhe und Bewegung: Liegehalle am Waldesrand, Gymnastik
und Atemübungen (nach Schreber, Müller, Mensendiek, Mazdaznan [letztere Lehre besonders bekannt geworden durch Johannes Itten, den Bauhaus-Lehrer]).
Spaziergänge in herrlichen nahegelegenen Waldungen, Sport,
Tennis und Tanz.
6. Spezielle Techniken: Ausgedehnte Handmassage, Vibrationsmassage,
schwedische Widerstandsgymnastik, und durch die Aerzte: spez. Gymnastik,
Nasen- und Prostatamassage, Thure Brandt-Massage, Mandelbehandlung
nach Dr. Röder, Nerven- und Nervenpunktmassage nach Dr. Cornelius.
Neben der Erkenntnis in Gesundheitsfragen spielt bei
der Erreichung der zur Gesundung nötigen seelischen Verfassung
die Beeinflussung der Trieb- und Willensrichtung eine große
Rolle. Der wichtigste Faktor hierfür ist die Regelung der
Lebensordnung [...]. Die Direktion sieht sich daher nur genötigt
einzugreifen, wenn durch unzweckmäßiges Verhalten eines
Patienten die anderen beeinträchtigt werden. Ständiges
Wachsen des Einen am Anderen im freien Spiel der Kräfte mit
dem Grundton der Freudigkeit im Herzen ist daher der Gesichtspunkt
unseres gesellschaftlichen Lebens.«
»Im Luftbad im Sommer / Im Luftbad im Winter«, um 1910. Rückseite mit Aufdruck des Goßmannschen Sanatoriums.*MA
»Damen im Luftbade. Wilhelmshöhe bei Cassel. Gossmann’s Naturheilanstalt«, um 1910. Signiert: »Friedrich Brodauf (→)«.*MA
* * * (Nach oben zum Inhaltsverzeichnis.) * * *
Im Ersten Weltkrieg diente das Haus als Offiziers-Lazarett,
nach dem Krieg wurde der Kurbetrieb wieder aufgenommen.
1936
übernahm die Stadt Kassel das Sanatorium und wandelte es
unter Leitung von Dr. Oskar Kluthe (der auch das Kur- und Badehaus
in der Kurhausstraße betrieb) in das »Kneipp-Gesundheitshaus«
um, siehe das Kapitel »Das Kur- und Badehaus« weiter unten auf dieser Seite.
Auch im Zweiten Weltkrieg wurde das Haus zum Lazarett
umfunktioniert, war aber nach dem Krieg wieder unter dem tüchtigen Dr. Kluthe
erneut das »Kneipp-Gesundheitshaus«.
– Küchenchef war Wilhelm Kraus, er verfaßte »Das Kneipp-Kochbuch«, 64 Seiten, Kassel: Verlag Gebrüder Müller, 1950 (im Mulang-Archiv vorhanden)
* * *
Noch Ende der 1960er Jahre hatte man große Pläne
für das Kneipp-Heilbad Kassel-Wilhelmshöhe: »Der
gute Ruf des Kneipp-Heilbades Kassel-Wilhelmshöhe ist Verpflichtung
zu eseinem weiteren und verbesserten Ausbau. So ist beabsichtigt,
ein neues Kurzentrum mit Kurmittelhaus und Kneipp-Sanatorium zu
schaffen. Gärtnerische Anlagen und Grünzüge mit Wanderwegen
und weiteren Wassertretstellen werden in den Schloßpark harmonisch
überleiten. Das Gebäude an der Endhaltestelle der Straßenbahnlinie
1 in Wilhelmshöhe wird zu einem Kurpavillon mit Auskunftsstelle
und Aufenthaltsräumen erweitert.« (Zitat aus dem
Führer von 1966/67.)
Doch Anfang der 1970er Jahre wurde das prächtige,
tradtionsreiche Haus abgerissen und an seiner Stelle die Türme
des »Augustinum« erbaut. Gleichzeitig wurde das herrliche
Kurhaus in der Kurhausstraße 13, die frühere Villa Mummy,
abgerissen und durch einen riesigen Neue-Heimat-Bau in gänzlich
unpassender Bauart ersetzt. Der Kur- und Erholungs-Charakter
der Villenkolonie Mulang wurde durch weitere Abrisse und Neubauten
beeinträchtigt; das waren Eingriffe, die noch heute schwer
wiegen. Ein erfolgreiches »Bad Wilhelmshöhe«
war politisch nicht gewünscht. (Es muß nicht hinzugefügt
werden, daß damit beileibe kein Angriff auf die Bewohner dieser
Neubauten gemeint ist, wohl aber auf die
Baupolitik dieser und späterer Zeit.)
* * *
Luftaufnahme des Goßmann-Areals, ca. 1930.*6
So sah die Sache von 1882 bis 1970 aus ...*MA
... und hier die gleiche Perspektive, wie sie sich seit etwa 1974 darstellt.*MA – Das weiße Haus links unten ist das Schweizer Haus 1, siehe die Erläuterungen in der Seitenspalte. – Schöner war diese Ecke der Villenkolonie zu Goßmann-Zeiten – vom Augustinum freilich hört man nur Gutes.
Beim Klicken auf das Bild
erscheint ein zeitgenössischer
Beitrag über den Neubau.*MA
* * *
»Gesundheits-Nährmittel«, Plakat, 42 × 61,5cm, Dachbodenfund eines Freundes aus der Hugo-Preuß-Straße 52. (Danke, Jasper! (→)).*MA |
|
(Nach oben zum Inhaltsverzeichnis.)
|
|
Heilanstalt Dr. Greveler (1883–1921) /
Kurheim der Bahn-BKK (1921–1986) /
Habichtswald-Klinik (seit 1986)
Wigandstraße 1–3 |
Deutsche Bauzeitung, 14.11.1883 mit genauer Beschreibung des Hauses.*MA – Der zur Wigandstraße gelegene Baukörper (auf den Planzeichnungen oberhalb des Hauptgebäudes) wurde im Krieg zerstört (hier klicken für ein Luftbild vom 22.3.1945).
Karte von 1899 mit Hinweis auf den nahelegenen
Wasserfall, gestaltet von Wilhelm IX. persönlich (der heute hinter Kolonnen parkender Autos
kaum mehr wahrnehmbar ist [der Wasserfall, nicht der Landgraf]).*MA
Anzeige von ca. 1910.*MA
Ca. 1920: Luftbild mit dem von Greveler erbauten Klinikgebäude
links oben, rechts oben die Baumreihen der Wilhelmshöher Allee,
rechts die Hofanlage der ehemaligen Domäne (siehe »Stadtteil Wilhelmshöhe«).*6
Um 1885: Der Eingang zur Kaltwasser-Heilanstalt
in der Wigandstraße.*1
Ausschnitt aus dem vorigen Foto. Der Eingangsbereich mit den
Schildern: »Arzt Dr. Greveler,
Sanitäts-Rath, Sprechstunden von 11 ½ bis 12 ½ und 2 ½
bis 3 ½ Uhr.« / »Kaltwasserheil-Anstalt.«
/ »Bäder, Douchen, Massagen
auch für nicht in der Anstalt Wohnende von 8 ½ – 12 ½
und 4 ½ – 6 ½ Uhr.« Die
Inschrift am Häuschen rechts ist leider nicht lesbar.
1905 (Stempel): Der talseitige Garten. Heute blickt man aus diesen Fenstern auf eine Bausünde.*MA
Ca. 1905. Turngeräte im Freien.*12
1914 (Stempel): »Wasserfall (nahe Santitätsrat Grevelers Kuranstalt)«.*MA
* * *
Ca. 1925: »Erholhungsheim Wilhelmshöhe« der Reichsbahn-Betriebs-Krankenkasse Cassel. Interessant die neue Eingangsgestaltung. Die Aufnahme des Speisesaals zeigt die Pracht aus der Greveler-Zeit.*MA
1934 (Stempel).*MA
Ca. 1935: Der Eingangsbereich, Wigandstraße: oben von Süden, unten von Norden.*MA
1939 datiert und gestempelt. Rückseite: »KRANKENHEIM der Reichsbahn-Betriebskrankenkasse Kassel-Wilhelmshöhe«.*MA
* * *
1958 abgestempelt.*MA
1963 abgestempelte Postkarte: Der Speisesaal.*MA
Ca. 1970: Neuer Wintergarten, neuer Anbau auf der Mulangstraße-Seite.*MA
Postkarte von ca. 1980, auf dem Bild rechts oben das Nebengebäude zur Mulangstraße hin.*MA
Postkarte von ca. 1980: Die »Kurklinik Habichtswald der
Bundesbahn-BKK«. Noch ist der schöne Bau von weither zu sehen.*MA
* * *
Umbau-Modell, Bild aus der HNA vom 22.3.1986. Blick von Norden,
von der Mulangstraße aus. Die Wigandstraße läuft
rechts nach hinten. Der häßliche Mittelbau sollte aufgestockt und
durch Seitenflügel erweitert werden.
Immerhin wäre der Talblick ungehindert geblieben.
|
Werbe-Doppelseite aus »Wegweiser durch Cassel, Wilhelmshöhe und Umgebung, 10. Auflage, Kassel, Verlag von Max Brunnemann«, ca. 1890. Hier klicken für die dazugehörige Textseite.*MA
Die »Kaltwasser-Heilanstalt Dr. Greveler« wurde
ab 1881 erbaut und 1883 eröffnet. Nach der »Festschrift zur 38. Hauptversammlung des Vereins deutscher Ingenieure, Cassel 1897« wurde das Haus als »Bad Wilhelmshöhe« von einem »Consortium« errichtet und alsbald von Dr. Engelbert Greveler übernommen.
1883: Brief auf dem Briefpapier der »Kur- u. Wasserheil-Anstalt« (Bogen von ca. DIN A3, gefaltet auf A4) der frisch eröffneten Anstalt; links die erste von vier Briefseiten, rechts nur der Briefkopf. Was im Scan braun erscheint, ist mit Goldfarbe gedruckt.*MA
1889: Klappkarte mit Leistungen und Preisen, Außen- und Innenseite. Handschriftlich von Dr. Greveler höchstselbst: »Anbei gewünschter Prospect. Anmeldung ist nothwendig, da jetzt stets alles besetzt, nur werden immer Zimmer frei in Astalt oder Villa. Hochachtungsvoll / Dr Greveler / W. 14/6/89« – hier klicken für die um 90° nach links gedrehte Innenseite mit besser lesbaren Preisen.*MA
Postkarte der Straßenseite, ca. 1900. Die Kolorierung ist ebenso phantasievoll wie die Schreibweise des Klinikchef-Namens.*MA
30.9.1899: »Zur Vermehrung Ihrer Sammlung sende ich Ihnen diese Karte mit bestem Gruß. Ihr Dr Greveler« – Hier klicken für die Rückseite. Die Postkarte ist in Weimar, Bezirk Kassel abgestempelt und adressiert an »Frl. Olga Tidemann / [unleserlich] Herrn Sanitätsrat Greveler / in Wilhelmshöhe bei Cassel«. – Der Kartenaufdruck legt die Vermutung nahe, daß es sich um einen Fehldruck bzw. Fehlbeschnitt handelt. Das schräge Bild könnte gut einen Eingang in die Kuranstalt zeigen, das kleine Bild rechts den Speisesaal. Links ein Motivrest einer anderen Postkarte. Vielleicht hat Fräulein Tidemann Fehldrucke gesammelt?*MA
Zu Beginn stand der Arzt Dr. Ludwig Greger dem Gründer Dr. Engelbert Greveler zur Seite; Greger gründete
einige Jahre später in der Burgfeldstraße ein eigenes Haus: Siehe den Beitrag weiter unten auf dieser Seite.
Wolfgang Hermsdorff zu Greveler und seinem Sanatorium:
»Der aus Westfalen
stammende Arzt Dr. Engelbert Greveler hatte die Bedeutung der Wilhelmshöhe
als heilklimatischer Kurort erkannt, als er in Bad Wolfsanger [s. a.
Blick zurück 203] tätig war. Vorher war Dr. Greveler (s.
Foto oben links in unserer Montage) chirurgischer Assistent an der
Universität Greifswald gewesen, hatte vorübergehend eine
Irrenanstalt in Pommern geleitet, um dann als Chefarzt in der damals
berühmten Lungenheilstätte von Dr. Brehmer in Görbersdorf
(Schlesien) zu wirken. Nach Tätigkeiten als Bade- und Anstaltsarzt
in Suderode und Brückenau kam er nach Wolfsanger.
Von hier aus faßte Dr. Greveler mit den Kasseler
Architekten Rebentisch und Seyffert den Plan, in Wilhelmshöhe
ein mit allen technischen Neuheiten der damaligen Zeit ausgestattetes
Sanatorium zu errichten. Vor 90 Jahren stand das gewaltige Gebäude,
das der Blick zurück 349 schon einmal in der Außenansicht
vorgestellt hat, fertig da und wurde am 14. Juli 1883 seiner Bestimmung
übergeben.
Das ganze Sanatorium war sowohl in seinem Äußeren
als auch in der Innenarchitektur bis ins Detail im damals so gern
angewandten neugotischen Stil ausgeführt. Als Glanzstück
galt der 170 qm große, sechs Meter hohe Speisesaal. Es gab ferner
45 Fremdenzimmer, 33 große, geschützte Balkons, Bäder,
Massage- und Inhalationsräume, den heilgymnastischen Saal, Billardzimmer,
Wintergärten und Gesellschaftsräume.
Dem Turnsaal und den im Anstaltspark zwischen Parkwärterhäuschen und Sanatorium in der Wigandstraße
gelegenen zwei großen Luftbädern wurde besondere Bedeutung
zur Behandlung beigemessen.
Unser Bild zeigt das Luftbad für
Herren: Rasen- und Sandboden wechselten hier ab; Baumgruppen spendeten
nach Bedarf Schatten; Sportgeräte, Wippen, Rundlauf standen hier
zur Verfügung, wie auch Duschen und eine Umkleidehalle (rechts
im Bild).
Ein großer Prospekt, kurz nach der Jahrhundertwende erschienen,
machte mit folgendem Titelseiten-Text auf die bedeutenden Heilstätte
aufmerksam: ›Sanatorium Bad Wilhelmshöhe, Sanitätsrat
Dr. Greveler, leitender Arzt und Besitzer, 2. Arzt Dr. Ernst Heinrich [ihm stand Dr. A. Jansen zur Seite].
Kuranstalt für Nerven- und innere Krankheiten. Das ganze Jahr
besucht. Winterkuren.‹ – Und es kamen tatsächlich Heilung
Suchende aus aller Welt. Zu Dr. Grevelers Patienten zählten z.B.
auch der König von Württemberg, die Fürstin Stolberg
und der Generalfeldmarschall Graf Haeseler.
Nach dem Ersten Weltkrieg übernahm die Leitung
des Sanatoriums Dr. Grevelers Schwiegersohn, Dr. Franz Wehmer-Greveler.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Zeit zwangen jedoch bald
dazu, die Privatanstalt aufzugeben. 1921 übernahm die Reichsbahn-Betriebskrankenkasse
das Sanatorium. Nach Bombenschäden im Zweiten Weltkrieg wurde
das Gebäude von der Bundesbahn auf- und ausgebaut; es steht auch
heute [1973] weiterhin Eisenbahnern
zur Erholung und Nachbehandlung zur Verfügung.
Dr. Engelbert Greveler, der übrigens als erster
Kasseler Arzt mit dem Kehlkopfspiegel arbeitete, starb 1930. Er wurde
auf dem Friedhof Wahlershausen am Rammelsberg beigesetzt.«*4
Werbeblatt von ca. 1900.*MA
* * *
1986 wurde die inzwischen so genannte »Kurklinik
Habichtswald«, die in den 1970er Jahren um ein unschönes Gebäude auf der Mulangstraßenseite,
also direkt angrenzend an den Park Wilhelmshöhe, erweitert worden
war, von der Bundesbahn-BKK an die Wicker-Gruppe verkauft,
wobei der allseitige Wunsch in Erfüllung ging, daß das
Gebäude als Kurklinik und Sanatorium weiterbetrieben werde, nachdem
es auch Anträge gegeben hatte, das Gebäude etwa als Altenpflege-Tagesklinik
zu nutzen.
Werner Wicker, der auch die »Kurhessen-Therme«
direkt unterhalb der Habichtswald-Klinik betreibt, plante zunächst
die Erweiterung des neuen Anbaus um zwei weitere Flügel (siehe
das Bild in der linken Spalte). Dieser Plan wurde fallengelassen und das heutige Gebäude errichtet, das sehr nah an den Bergpark und an das historische
»AufsichtersHaus« gerutscht ist, was nur durch einen sonderbaren
Flächentausch mit der Verwaltung der Schlösser und Gärten
möglich wurde. Bedauerlich an der heutigen Situation ist,
daß man die herrliche, auch schön sanierte Talseite des
ehemaligen Sanatoriums Dr. Greveler praktisch nicht mehr sehen kann:
Nur vom Innenhof bzw. vom talseitigen Riegel des neuen Gebäudes
aus, welches das alte Haus auf drei Seiten klammerartig umgibt, hat man
einen freien Blick auf diesen Prachtbau.
Das Haus heißt inzwischen »Habichtswald
Klinik AYURVEDA« und hat ein weites Indikationsspektrum.
Hier ein Link (→) auf die Website der Klinik. – So wenig schön der talseitige Umbau ist, von der Klinik hört man nur Gutes.
Diese Klinik freilich , auf der die Kneipp-Heilbad-Hoffnungen
für Bad Wilhelmshöhe ruhen, bedarf der besseren Rücksichtnahme.
Sie liegt unmittelbar an der Mulangstraße, einer vielbefahrenen Steilstraße, und nur wenige Meter von der Tulpenallee
mit ihrer hohen und für Park und Kurgebiet störenden
Verkehrsdichte.
1992: vorn die Kurhessen-Therme, ganz rechts in den Bäumen am Anfang der Mulangstraße das gelbe Häuschen namens »Aufsichters Wohnung« – von 1793.*MA
Seit 1998.*MA Nicht alles war früher besser. Aber das meiste war schöner (vor allem die Architektur, aber auch die Postkarten).
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Sanatorium Dr. Greger |
Klinik Dr. Greger, Burgfeldstraße 17, von Nordosten, erster Bauzustand, ca. 1900. Links die Burgfeldstraße 19.*3
Nr. 17 von Norden, ca. 1900.*3
Nr. 17 von Norden nach dem Ausbau, ca. 1925.*MA
Familie Greger vor dem Portal des Sanatoriums, um 1900. In der
Mitte Dr. Ludwig Greger, rechts Luise Greger. Vor der Gruppe: Elefant Greger.*3
Ca. 1900: Besprechung oder Fortbildung in der Klinik.*3
Um 1910: Der junge Reinhold Greger klopft mit zwei Mützenträgern einen Skat, unterstützt von Kola-Nuß-Liqueur.*3
Um 1910, aus Reinhold Gregers Fotoalbum: »Tante Lucie Brand, meine Patentante«, wohl die Dame rechts.*3
Ca. 1915: Reinhold Greger auf dem langen Balkon
der Klinik, im Hintergrund die Wigandstraße 14 und 16.*3
»An Soldat Johannes Schumann, Cassel-Wilhelmshöhe, Lazarett Dr. Gregor«, 1918.*MA
* * *
Um 1920: Auf dem Balkon der Klinik. Im Hintergrund die Burgfeldstraße 12.*3
Um 1930: Dr. Helmuth Greger mit seiner Frau im Kreise von Angestellten.*3
Um 1930: Dr. Helmuth Greger und Pflegepersonal.*3
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Das Sanatorium wurde von Sanitätsrat Ludwig Greger (1860–1919) gegründet,
der 1894 mit seiner Familie nach Mulang zog und in der Burgfeldstraße 17
das reichverzierte Sanatoriumshaus erbaute. Eine Anzeige von etwa
1895 lautet: »Medico-mechanisches
Zander-Institut, Besitz. und dirig. Arzt, Dr. Greger, Anstalt für
schwedische Heilgymnastik, Massage, Orthopädie, Wasserheilverfahren
etc., Kronprinz.-Str. 141 ½.« Ludwig Gregers Frau
war – bis zur Scheidung 1911 – die bedeutende Komponistin Luise Greger (1862–1944, siehe das Kapitel »Persönlichkeiten«). Bis zu ihrer Scheidung von Ludwig Greger oblag ihr die wirtschaftliche Seite des Klinikbetriebs.
Ludwig Greger ließ in den 1910er Jahren das Wilhelmshöher Sanatorium, zu dem
er eine Winterdependance in Nervi bei Genua schuf, wegen des großen
Erfolges deutlich vergrößern. Luise und Ludwig Greger hatten drei Söhne: Helmuth (*1889), Klaus (*1892) und Reinhold (*1898, gefallen in Frankreich im Ersten Weltkrieg).
»Zander-Institut« bedeutete, daß »medico-mechanische« (→) Trainingstherapien nach Gustav Zander (→) zum Angebot der Klinik gehörten (auf die Begriffe klicken für Wikipedia-Artikel). Das Bild von ca. 1900 zeigt Luise Greger in einem Raum mit Trainingsgeräten.*3
* * *
»Fachschule – Sanitätsrat Dr. Gregers Kuranstalt – Wilhelmshöhe. April 1913.« »Dr. Gregers Fachschule für Massage, Badewesen, Elektrotherapie und verwandte Gebiete« wurde 1922 von Ludwig Greger an Dr. Wilhelm Rohrbach verkauft.*MA; Dank an Frau Sandra Bundschu
* * *
1919, nach dem Tode Ludwig Gregers, übernahm sein und Luises Sohn Helmuth (1889–1939)
das Institut. Aus dieser Zeit stammt ein Prospekt, der neben
Fotos des Hauses folgenden Text enthält:
»KLINISCHES SANATORIUM DR. GREGER
/ CASSEL-WILHELMSHÖHE / Im Verband deutscher Ärztlicher
Heilanstaltsbesitzer e.V. / Für Chirurgie und Frauenkrankheiten
/ Privatentbindungsheim / Burgfeldstr. 17 / Klinische Leitung: Dr.
med. Helmuth Greger Facharzt für Chirurgie / Aufnahmen von
Hofphot. Eberth, Cassel.
Die Anstalt liegt, von Gärten umgeben, ruhig, schön und
staubfrei im Villenvorort Cassel-Wilhelmshöhe am Fuße
des Habichtswaldes in unmittelbarer Nähe des Schloßparkes
(300 m. ü.d.M. – Wilhelmshöhe ist Luftkurort). Herrliche
Fernsicht. Fast alle Zimmer mit Balkon. Fließendes warmes
und kaltes Wasser. Privatbäder. Central-Heizung und Kachelöfen.
Elektrisches Licht. Doppeltüren und Doppelfenster. Lift.
Die Anstalt verfügt über den gesamten Apparat
moderner und altbewährter Heileinrichtungen. Operationsräume
für alle dringlichen, als auch sonst vorkommenden chirurgischen
und frauenärztlichen Eingriffe und Operationen. Röntgenabteilung.
Laboratorium. Elektrotherapeutische Abteilung (einfache und komplizierte
Stromarten. Diathermie. Hochfrequenz. Bergonié. Vierzellenbad.
Höhensonnen. Bestrahlungsspiegel nach Kisch. Lichtbäder.)
Badeabteilung für die gesamte Hydrotherapie, Dampf- und Fangoanwendungen.
Massage. Heilgymnastik. Inhalatorium für Medikamentenverneblung,
Wechselatmung, Unterdruckatmung und Soolezerstäubung. Einrichtungen
für Liegekuren im Freien. Geschultes Personal.
Zur Aufnahme geeignet sind Chirurgische- und Frauenkrankheiten,
sowohl operativ als auch konservativ zu behandelnde Fälle.
Chron. Gelenkerkrankungen. Rachitis (Früh- und Spätformen).
Innere Krankheiten. Reconvalescenten nach Krankheiten und Operationen
aller Art (insbes. nach Magen-Darmoperationen). Kuraufenthalt und
ambulante Behandlung. Pflege- und Erholungsbedürftige auch
ohne Kur und ärztliche Behandlung.
Durch ihre schöne, ruhige Lage und ihre Einrichtungen
ist die Anstalt ganz besonders für Aufnahme zu Entbindungen
geeignet. Geburtshifliche Abteilung. Hebammenschwester im Hause.
Die Verteilung der Zimmer udn der Behandlungsräume, insbesondere
der Geburtshilflichen- und Operationsabteilung ist aber so gewählt
und angelegt, daß jegliche Störung vermieden wird.
Geisteskranke und Patienten mit übertragbaren und
störenden Krankheiten sind ausgeschlossen. Begleitpersonen
von Kranken werden aufgenommen.
Besonderer Wert wird auf eine sehr gute und abwechslungsreiche
Verpflegung und sorgsamste diätetische Behandlung gelegt.«
PDF des Prospektes: auf diese Zeile klicken (→).*MA
* * *
Durch die Weltwirtschaftskrise verlor die Familie das Sanatorium,
zu dem zwischenzeitlich auch weitere Mulang-Villen gehört hatten,
etwa die Burgfeldstraße 6. In den letzten Tagen des Zweiten
Weltkriegs wurde das Haus zerstört.
Bis ca. 2015 war ein direkter Nachkomme von Ludwig und Helmuth Greger Kurarzt
in »Bad Wilhelmshöhe«: der hochangesehene Dr. Helmuth
Greger, Urenkel Ludwigs und Enkel Helmuths. Er hatte seine Praxis
in der Wigandstraße 12, einem Haus, das einst dem Sanatoriumsbau benachbart war und das schon seit 100 Jahren von der Familie bewohnt wird.
* * *
Die Klinik Dr. Greger wurde im zweiten Weltkrieg zerstört.
Heute steht an ihrer Stelle ein in den 1950er Jahren errichtetes freundlich aussehendes
Haus, das erst »Fachklinik für Kreislauf- und Gefäßerkrankungen
Dr. Möller« war, dann »Ferienkurheim Mennicke« und heute das »Seniorenheim Burgfeldstraße« ist. Der Anbau des Gebäudes stammt von den Architekten Baecker und Sirrenberg; so nachzulesen in der Architekten-Liste »Aufstellung des Bautenstandes 30. Juni 1968« (hier klicken (→) für das 2seitige PDF).*39
Oben: zweimal Kurheim Mennicke, ca. 1955.
Linkes Bild: dahinter die Burgfeldstraße 19.*MA
Unten: »Ferien-Kurheim der Lebensabend-Bewegung e.V.«. Postkarte von ca. 1975.*MA
* * *
Im Mulangarchiv vorhanden:
• »Leitfaden der Massage / einschliesslich der Druckpunkt- und Thure Brandt-Massage / zum Gebrauch für die Unterrichtskurse meiner Fachschule / zur Ausbildung von Massage- und Bade-Personal, sowie für gebildete Laien, Studierende und Aerzte / Gemeinverständlich dargestellt von Dr. med. Ludwig Greger / praktischer Arzt und Anstaltsbesitzer zu Cassel-Wilhelmshöhe«. 84 Seiten, Selbstverlag, Cassel 1908.
• »Leitfaden der Wasser-, Licht- und Luftbehandlung / zum Gebrauch für die Unterrichtskurse meiner Fachschule / zur Ausbildung von ärztlichen Gehilfen, von Pflege-, Massage- und Badepersonal, sowie für gebildete Laien / Gemeinverständlich dargestellt von Dr. med. Ludwig Greger / praktischer Arzt und Anstaltsbesitzer zu Cassel-Wilhelmshöhe«. 100 Seiten, Selbstverlag, Cassel 1910.
• »Leitfaden der Elektrizität / zur Bedienung elektro-medizinischer Apparate / nebst Anhang: / a) Gesichtsmassage / b) Desinfektionslehre / zum Gebrauch für die Unterrichtskurse meiner Fachschule / zur Ausbildung von Aerztlichen Gehilfen, von Massage- und Badepersonal / Gemeinverständlich dargestellt von Dr. med. Ludwig Greger / praktischer Arzt und Anstaltsbesitzer zu Cassel-Wilhelmshöhe«. 48 Seiten, Selbstverlag, Cassel 1912.
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Kindersanatorium Dr. Rohr |
Ausschnitt aus einer Luftaufnahme von ca. 1930:
Das Doppelhaus Lindenstraße 7 und 9 in der Bildmitte, von der
Gartenseite gesehen.*6 Die auf dem Bild rechte Seite des Hauses, Nr. 7,
war das Kinder-Sanatorium. Das Haus ist teilerhalten. (Auf dem großen Bild, das sich beim Klicken öffnet, sieht man links unten die Brabanter Straße, rechts unten die Kurhausstraße.)
Nr. 7–9 um 1910, Nr. 7 ist da noch die Pension Martelleur.*7
Nr. 7 und 9 um 1920, Gartenseite.*MA
Weitere Bilder des Hauses: Siehe das Kapitel »Villenkolonie«, dort »Lindenstraße 7«.
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Anzeige im Cassel-Wilhelmshöher Fremdenblatt,
1910
Hier klicken (→) für ein PDF der Wilhelmshöhe-Seiten in: Lührs gelbe Reise- und Städteführer. Band 12. Kassel und seine Ausflugsorte. Verlagsanstalt Rastede-Oldenburg, ca. 1935. Die Rohr-Anzeige findet sich auf Seite 72.*MA
Dr. Ferdinand Rohr, ehemaliger Assistenzarzt am Kaiser-und-Kaiserin-Friedrich-Kinderkrankenhaus
der Stadt Berlin, gründete 1922 das Kindersanatorium und war leitender Arzt. Prof. Dr. H. Finkelstein war ärztlicher Direktor. Gemeinsam verfaßten
sie die Schrift »Die Behandlung der tuberkulösen Bauchfellerkrankungen
im Kindesalter«, Halle 1922.
1925 zog das Sanatorium in die Lindenstraße 7 um, wurde dort 1945 ausgebombt und zog zunächst nach Homberg/Efze, schon 1946 nach Harleshausen (ehem. Kindergarten), sodann in den späten 40ern in die Crédésche Villa an der Frankfurter Straße, später in einen Neubau unweit der heutigen Heinrich-Schütz-Schule. (Protokolliert nach Mitteilungen von Evamarie Junginger-Rohrbach.)
Zu einer Episode in der Geschichte der Kinderklinik Dr. Rohr schreibt Wolfgang Hermsdorff in seinem HNA-»Blick zurück«
Nr. 514:
»Die
Bomben des Zweiten Weltkriegs trafen auch das ›Kind von Brabant‹ schwer
[das Kinderkrankenhaus, das schon seit 1847 in der ehemaligen
Städtischen Kaserne Westendstraße / Ecke Luisenstraße
sein Domizil hatte; Ende des 19. Jahrhunderts Neubau im Königstor, heute das Glinicke-Gelände]. Schon 1942
beschädigt, brannte das Krankenhaus am 22. Oktober 1943 völlig
aus. Wie durch ein Wunder wurden alle Kinder gerettet und unter Schwester
Barbara Germeroths umsichtiger Leitung zunächst im Weinbergbunker
untergebracht. Es folgte Umzug auf Umzug: in den Keller des Sophienhauses,
ins Diakonissenhaus, dann ins Privatsanatorium Dr. Rohr nach Wilhelmshöhe. Als dieses noch im März 1945 ausgebombt wurde, folgte die Ausquartierung
in ein Hotel nach Homberg. Schließlich bot sich ein ehemaliger
Kindergarten in Harleshausen als Unterschlupf an. In einer von den
Amerikanern freigegebenen Villa der Gebrüder Credé an
der Frankfurter Straße kam das Krankenhaus schließlich
ab Oktober 1948 unter. Nach Dr. Rohrs Ableben übernahm 1951 der
Facharzt für Kinderheilkunde Dr. Paul Melchior die Krankenhausleitung.
Im Dezember 1955 war dann auch das Provisorium in der Credé-Villa
vorbei: Das neue Kinderkrankenhaus ›Zum Kind von Brabant‹
wurde in der Herkulesstraße 111 eingeweiht.«*4
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Palmenbad |
Ca. 1905: Das Henkelsche E-Werk von Südwesten, zweiter Bauzustand. Über dem Dach des Palmenbades ist das Haus Kurhausstraße 30 zu sehen, ganz rechts die Gaststätte Palmenbad, links hinten der auffällige Giebel des Hauses Kurhausstraße 11.*MA
Ca. 1905: Das E-Werk von der Hunrodstraße aus (von Osten).
Beim Klicken auf das Bild öffnet sich ein Fenster mit dem ganzen
HNA-»Blick zurück« Nr. 1408.
E-Werk und Endhaltestelle der Herkulesbahn um 1905. Rechts die Hunrodstraße, vorn quer die Kurhausstraße.
Derselbe Blick mit Postkartenverkauf am Kiosk. Da kommen gewiß viele Karten her, die diese Website zieren.
Im Gewächshaus des Palmenbades. Rückseite: »›Palmenbad (Hallenschwimmbad) Wilhelmshöhe‹ – Gruppe aus dem grossen Gewächshause. (Eintritt für Badegäste frei.)« – Gustav Henkels Enkelin Ursula schrieb mir: »Erich [Henkel] was born in 1897. I have seen him in some of your pictures. Including the one in the Palmenbad [...]. He is the one standing amidst the Palms, and looks to be about 16 years old, and so the date on that would be about 1913.« Siehe Kurhausstraße 7.*MA
Um 1900: Frauen- und Männerbadezeit im Hallenbad. Bei der Treppen
sind die »mächtigen Delphine« zu bestaunen.*8
Ca. 1910: Blick über die Einmündung der Brabanter Straße nach Osten in die vorne quer verlaufende Fürstenstraße,
die heutige Hugo-Preuß-Straße. Hinten rechts sieht
man den Schornstein des Henkelschen E-Werks und das Palmenbad.*MA
Das Elektrizitätswerk um 1910. Rechts das Haus Brabanter Straße 36 (mit Kuppel), links davon der hohe Schornstein des Werkes.*MA
Um 1910: Ein Wagen der Herkulesbahn in der Kurhausstraße,
kurz nach dem Verlassen der Endhaltestelle Palmenbad. Links sieht
man das Verwaltungshaus des E-Werks.*11
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Das Palmenbad um 1900 von der Kurhausstraße gesehen. In der Mitte das E-Werk im ersten Bauzustand mit Verwaltungsgebäude, links das Palmenbad. Im Hintergrund die Villenkolonie; der spitze Turm unter dem Herkules ist die Steinhöferstraße 11.*MA
Das »Palmenbad« war ein großes Gewächshaus
mit dazugehörigem Schwimmbad, das mit der Abwärme
des Henkelschen Elektrizitätswerks betrieben wurde. Das letztere versorgte die
Villenkolonie Mulang sowie Wahlershausen bereits seit 1893 mit elektrischem Strom, als es in der Stadt Kassel noch keinen
gab. – Ein langer Bericht von Gustav Henkel zu den ersten Jahren
der Villenkolonie und seinen dortigen Aktivitäten: Bitte
hier klicken. (Zu Gustav Henkel: siehe Kapitel »Persönlichkeiten«. Zu Henkels prächtiger Villa: Siehe Kurhausstraße 7.)
Der Gebäudekomplex stand in der Hunrodstraße,
etwas oberhalb der Kurhausstraße. Der große Schornstein
war »zur Schonung des Landschaftsbildes« mit einem turmartigen
Umbau versehen. Das Werk wurde mit Kohlegrus betrieben, der an der
Zeche Herkules gefördert und mit der Herkulesbahn herbeitransportiert
wurde. Mit dem Grus wurden zwei Schmidtsche Heißdampfmaschinen
à 40 bis 50 PS beheizt, die ihrerseits Dynamos betrieben.
Die Maschinen stammten von der Kasseler Firma Beck und Henkel, die
beiden Dynamos von der Berliner Firma Schwarzkopf.
»Ein großer
Akkumulator (eine Batterie von 132 Zellen), der tagsüber geladen
wurde, sicherte die Stromlieferung zu allen Tages- und Nachtzeiten.«*4
Das Hallenbad mit 100 qm großem Becken
wurde am 2. Juni 1896 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht
– nach 2 Jahren privater Nutzung durch Gustav Henkel.
»Die
Palmen profitierten von der hohen Luftfeuchtigkeit der Schwimmhalle.
Die Trennwand zwischen Hallenbad und Palmenlandschaft hatte nur
die halbe Höhe der Halle, so daß die obersten Palmenblätter
in die Schwimmhalle lugten. Die Gesamtanlage hatte ein unverwechselbares
Flair. Ein Reporter wähnte sich bei der Eröffnung in einer
Grotte und berichtete von Tuffsteinen und zackigen Felsstücken,
die von der Palmenhausdecke herabhingen und von Glühlampen
in bunten Farben, die das Palmenhaus in einem reizvoll-märchenhaften
Licht erhellten.«*8
Das
»Tageblatt und Anzeiger für Cassel« berichtet von
der Eröffnung am 3.6.1896:
»Durch
Wasserfälle bzw. Fontainen und die verschiedensten Pflanzen
wird der Grottenbau angenehm belebt. Zwei mächte Delphine senden
beständig Strahlen frischen Wassers in das mit Abteilungen
für Schwimmer und Nichtschwimmer versehene Bassin, während
sich an der entgegengesetzten Seite Abzugsvorrichtungen befinden.
Das angenehme der Anlage tritt besonders bei ungünstigem Wetter
hervor, da, abgesehen von der stets gleich gehaltenen Temperatur
des Wassers, den Besuchern das Ergehen in den ausgedehnten Gewächshäusern
gestattet ist. Eine besondere Sehenswürdigkeit bildet gegenwärtig
das imposante Weinhaus, von dem der üppig blühende Wein
einen wunderbaren Duft verbreitet. Die Anlage ist durch Bogen- und
Glühlicht taghell erleuchtet und kann von Morgens sechs bis
Abends ½ 10 benutzt werden, die Zeit von 9 Uhr Vormittags bis
5 Uhr Nachmittags ist für Damen reserviert, auch wird Schwimmunterricht
erteilt.«*8
Aus der »Festschrift zur 38. Hauptversammlung des Vereins deutscher Ingenieure. Cassel 1897« (vollständiger Text ganz unten auf dieser Seite):
»Das Schwimmbassin ist in den vorderen Teil eines mit tropischen Pflanzen, vor Allem mit herrlichen Palmen ausgestatteten 40m langen Gewächshauses derart eingebaut, dass der Besucher, welcher den Unterraum unterhalb des Schwimmbades betritt, den Eindruck gewinnt, als ob es sich hier um einen grossen Grottenbau handele. Tuffsteine und zackige Felsstücke hängen von der Decke herab, dazwischen sind zahlreiche Glühlampen in bunten Farben versteckt, welche das Ganze Abends mit einem reizvoll-märchenhaften Lichte erhellen. Durch Fontainen und die verschiedenartigen Pflanzen wird der Grottenbau angenehm belebt. Der unten in dem Palmenhause bezw. in der Grotte wandelnde Besucher hat also von dem Schwimmbad über sich, welches vom anschliessenden Verwaltungsgebäude aus zugänglich ist, keine Ahnung, während man von oben die ganze Kuppel des Hauses mit den herrlichen Palmwipfeln überschaut. Das eiserne, mit weisser Emaille überzogene Bassin des Bades hat einen Wasserspiegel von 100 qm. An beiden Kopfseiten sind die mit allen erforderlichen Einrichtungen versehenen Badekabinen angebracht. Ausser diesem Bassin, welches Abteilungen für Schwimmer und Nichtschwimmer enthält, sind auch Vorrichtungen für Einzelbäder – Mineralbäder – sowie für elektrische Douche- und Vollbäder, unter Controle und nach Anweisung Dr. Greger’s, neuerdings getroffen. Im Interesse der Sauberkeit sind die sorgfältigsten Einrichtungen geschaffen, ausserdem die verschiedensten Wasch- und Brausevorrichtungen vorhanden. Zwei Delphine senden beständig Strahlen frischen Wassers in das Bassin, von dessen Inhalt auf jeden Badenden 2000 Liter gerechnet sind, und das unabhängig von der Jahreszeit, in einer Temperatur von 18–20° R. gehalten wird. Rings um das Becken laufen Kühl-Vorrichtungen, die an Sommertagen die Luft im Baderaum angenehm frisch erhalten. Ein geschmackvoll ausgestattetes Lese- und Empfangszimmer, sowie eine grosse Plattform, von welcher man eine hübsche Rundsicht geniesst, bieten für den wartenden Besucher eine vorteilhafte Ergänzung der verschiedenen Annehmlichkeiten. Alle Räume sind des Abends durch Bogen- und Glühlicht taghell erleuchtet und können von 6 Uhr Morgens bis ½ 10 Uhr Abends benutzt werden, die Zeit von 10–5 Uhr ist für Damen reservirt.«
Bei den zahlreichen Mädchenpensionaten erfreute
sich das Palmenbad großer Beliebtheit. Und:
»Regelmäßig
einmal pro Woche badeten die Mannschaften der III. reitenden
Batterie des Artillerie-Regiments Nr. 11 hier. Diese Batterie
war bis 1903 im Wilhelmshöher Marstallgebäude kaserniert.
Die Soldaten kamen meist samstags und anschließend wurde das
Wasser völlig abgelassen und das Becken gründlich gereinigt.« – Hier klicken für das Kapitel »Das Artillerie-Album«.*4
Auch die preußischen Prinzen kamen in den Sommermonaten
zum Schwimmen hierher.
So lange die »Dampf-Straßenbahn« noch
das die Herkulesbahn betrieb, berechtigte eine Rückfahrkarte
zum Besuch des Schwimmbads. Von den 70 Pfennigen (je nach Umrechnung heute immerhin etwa 7 Euro) gingen 35 ans
Palmenbad. Mit der Übernahme durch die »Große Casseler
Straßenbahn« fiel diese Regelung zum allgemeinen Bedauern
weg.*4
Schon im Winter 1918 wurde das Elektrizitätswerk
nach dem Verkauf an die Stadt Kassel abgeschaltet und die
Villenkolonie anderweitig mit Strom versorgt. Die Palmen erfroren;
der gesamte Komplex wurde 1922 abgerissen. An ihn erinnert
nur noch der Name des Hotels und Restaurants »Palmenbad«
in der Kurhausstraße, einst in unmittelbarer Nachbarschaft
des Werks. Vor seiner Tür endete war seinerzeit die Talstation
der Herkulesbahn; hier stieg man in die Linie 4 um (die lange die Linie 3 war – und heute wieder 4 heißt).
Hier klicken (→) für ein PDF der Wilhelmshöhe-Seiten in: Lührs gelbe Reise- und Städteführer. Band 12. Kassel und seine Ausflugsorte. Verlagsanstalt Rastede-Oldenburg, ca. 1935. Die Palmenbad-Anzeige findet sich auf Seite 75.*MA
Zum Hotel und Restaurant Palmenbad: Siehe Kurhausstraße 25.
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(Nach oben zum Inhaltsverzeichnis.)
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Das Kur- und Badehaus in der Kurhausstraße 13 |
Im Mulang-Archiv vorhanden: »Wilhelmshöhe. Bezirks-, Fremden- und Kurblatt. Herausgegeben vom Bezirksverein Wilhelmshöhe. Fünfter Jahrgang, Juli 1934«. Mit einem Beitrag von Dr. Oskar Kluthe: »Zur Kneippkur nach Wilhelmshöhe« sowie zahlreichen Anzeigen und Fotos. Hier klicken (→) für ein PDF eines Komplett-Scans (7 MB); der Beitrag von Kluthe findet sich auf den Seiten 13, 14 und 16.
* * *
Geschichte des Kurhauses 1935–1970. HNA-»Blick zurück« Nr. 1089.*4
Das Kurhaus nach 1932, also kurz vor oder
kurz nach dem Verkauf an die Stadt Kassel.*12
Kurprospekt, um 1935. Freibad, Kurhaus, Wassertretstelle.*MA
Um 1935, aus einem Kurprospekt: die Gartenseite des Kurhauses.*MA
1930er Jahre. (Auffällig, wie sich die Bilder wiederholen – verglichen mit der großen Zeit der Postkarten 1900–1915.)*MA
Gestempelt 1938: »... ich wohne hier im Margaretenhaus Lindenstraße 13 ...«.*MA
* * *
1957: »Official Guide of Kassel and Wilhelmshöhe«, das Kurhaus mit bescheiderem Nachkriegs-Dach.*MA
1967: Gartenseite.*MA
* * *
Ca. 1955: Plakat, 50x74cm: »Germany · Deutschland · Allemagne / Kneipp-Kurort Kassel-Wilhelmshöhe«.*MA Die Kuppel ist auf das Schloß retuschiert worden ...
... wohl in der irrigen Ansicht, daß sie bald wiederhergestellt werde (solche Retuschen gab es auch auf Postkarten).
* * *
Ca. 1955: Anzeige im »Führer durch die Wilhelmshöhe, den schönsten Bergpark Europas«, 40seitige Fremdenverkehrs-Broschüre.*MA
1950: »Kneipp-Kinderheim Haus Habichtswald.«
Beim Klicken auf das Bild öffnet sich ein PDF (→).*1
* * *
Ca. 1970: Werbe-Zündhölzer und 12seitiger Lang-DIN-Prospekt für den Kurort Wilhelmshöhe – kurz vor Abriß des »Kur- und Badehauses« und des prächtigen »Kneipp-Gesundheitshauses«.*MA
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(viele weitere Bilder aus der Vorgeschichte der Villa und zu ihrem Abriß: siehe das Kapitel »Villenkolonie«, Kurhausstraße 13)
Die Geschichte des Kurortes Bad Wilhelmshöhe wäre eine andere gewesen ohne Dr. Oskar Kluthe. Hier einiges aus seiner Autobiographie, die auch über das Heil- und Sanatoriumswesen in den 1920er bis 1930er Jahren und dann wieder in den 1950ern und 1960ern Auskunft gibt.
Oskar Kluthe: Gelebtes Leben, Bad Wörishofen 1964: Sanitas-Verlag, 214 Seiten; Porträt von der hinteren Umschlagklappe. Im Folgenden kommentierte Auszüge aus dem Buch.
Kluthe, geboren um 1895, war als zehn- bis elfjähriges Kind mit Kneippschen Methoden von allgemeinem Kränkeln kuriert worden – nach Anweisungen eines Heilers im badezimmerlosen Elternhause: Die bald eintretende Heilung war eine einschneidende Erfahrung.
Kluthe wurde im Ersten Weltkrieg Soldat und lag ein Jahr vor Verdun. Dort wurde er 1917 schwer an Brust und Arm verwundet.
Nach dem Krieg wählte er 1918 den Arztberuf (und wurde nicht Landwirt, wie er ebenfalls erwogen hatte – er spielte immer wieder mit dem Gedanken umzusteigen). Das Studium mußte wegen erneuter Erschöpfungszustände unterbrochen werden; er geriet an einen approbierten Arzt mit Naturheil-Kenntnissen, was damals offenbar noch eine Seltenheit war. Der wies ihn in eine (nicht benannte) Naturheilklinik ein:
»Als ich am ersten Morgen in die Kuranstalt eintrat, schlug mir als erstes der Heublumenduft entgegen, und gleich ging meine Erinnerung in die Sextanerzeit zurück. Also, da war er wieder der aromatische Extrakt aus Wiesenblumen, der damals unser ganzes Haus erfüllt und mir das Heublumenhemd bescherte, in dem ich eine Stunde stilliegen mußte. Ich bemerkte sehr bald die Ähnlichkeit der damaligen mit der heutigen Behandlung. [...] Nun gab es täglich ein bis zwei Anwendungen nach dem Kurplan. Bald ein Wechselfußbad, intensiv den ganzen Körper duchwärmend, bald einen beruhigenden schlafgebenden Wickel, mal eine Teil- oder Ganzwaschung und die wundervollen, Spannung und Verkrampfung lösenden, warmen und kalten Güsse. [...] Die ersten Tage im Sanatorium waren keineswegs leicht. Die schweren neurovegetativen Störungen und besonders die quälende Herzarrythmie brachten mich fast zur Verzweiflung [...]. Ich wollte wieder auf und davon und die Flucht vor mir selbst aufs neue antreten. So, wie wir es auch heute immer wieder erleben in unserem Gesundheitshaus. Und es bedarf damals wie heute starker ärztlicher Überzeugungs- und Überredungskunst, um diese von Unruhe und Hoffnungslosigkeit gehetzten Menschen zum Bleiben zu bewegen.«
Kluthe wurde ganz wieder hergestellt, setzte das Medizinstudium fort, wiederholte aber – wie er dem Arzt hatte versprechen müssen – die Kur nach einem Jahr. Der Antimilitarist, Menschen- und Tierfreund (sowie, damals noch ungewöhnlich, Tendenz-Vegetarier) Kluthe beendete sein Medizinstudium – und eckte schon währenddessen immer wieder mit Forderungen nach naturheilkundlichen und Kneipp-Methoden an. Zu Beginn seiner ärztlichen Tätigkeit arbeitete er in einer Lungenheilstätte. »Der Chefarzt war ein prächtiger, kollegialer Mann, nur ein wenig zu weich, um den schweren Anforderungen einer solchen Versicherungsheilstätte immer gewachsen zu sein. Oft zu bedauern, wenn all seine Sorge und Güte von den Insassen und auch von der Leitung mit Undank und Unverständnis beantwortet wurde! Der Tuberkulöse wird auf die Dauer reizbar, ungerecht, launisch, zänkisch, ja bösartig. Palastrevolutionen waren daher oft zu bewältigen und erforderten viel Nervenkraft und psychotherapeutische Fähigkeiten.«
Nach Vertretungs-Intermezzi machte er sich schon mit Ende zwanzig selbständig und praktizierte in einer Kleinstadt als Allgemeinmediziner, dabei immer wieder Kneipp-Methoden anwendend. Indes: »Da fragte die Kranke mit den ersten wieder tiefer werdenden Atemzügen: ›Was bin ich Ihnen schuldig, Herr Doktor?‹ Diese Frage traf mich wie ein Keulenschlag! Ich sprach darüber hinweg, wünschte eine ruhige Nacht und verschwand. Zum ersten Male trat hier nun für mich das Geld unmittelbar zwischen Arzt und Patient. Bisher war das nicht der Fall, denn ich handelte ja immer nur im Auftrag eines anderen und hatte mit dieser leidigen Frage nichts zu tun. Ich wurde mir des Konfliktes bewußt, der unweigerlich mit dem ›Helfen für Geld‹ Rettung aus Lebensgefahr und Todesnot verbunden ist. Helfen in Not ist eine immerwährende, für jeden Menschen unabdingbare ethische Verpflichtung und Aufgabe, und eine materielle Entgeltung hierfür wird immer peinlich sein und Unbehagen beim Helfer auslösen.«
Zu Kluthes praktischen Tätigkeit trat um 1930 eine stetig zunehmende Vortragstätigkeit in Sachen Natur- und Kneipp-Heilkunde, was mit allerhand Spott und Anfeindungen aus Kollegenkreisen verbunden war. Anfang der 1930er Jahre (sein Buch ist mit Jahreszahlen höchst sparsam) gründete er in der Nähe von Scherfede in Westfalen eine Kurklinik.
»Unter den Kurgästen befand sich eines Tages auch ein Ehepaar aus Kassel. Herr W[enzel] stellte sich als Vorsitzender des Kasseler Kneippvereins vor, der bereits 1892, von Kneipp selbst noch, gegründet worden war. Er gab seiner Freude über die Neugründung des Kurheims Ausdruck, das ja auch für die Kasseler ›Kneippianer‹ von Bedeutung sei, da es nur 50km entfernt liege und somit die nächste Kneipp-Kurstätte sei. – Alsbald bat er mich um eine Besprechung! Sein erster Wunsch: ›Halten Sie uns bitte bald in Kassel einen Vortrag!‹« Die Reise wurde unternommen. Seit Kindertagen hatte Kluthe Kassel nicht mehr gesehen. »Dann fuhren wir herauf zur Wilhelmshöhe. Und wieder war ich begeistert von diesem herrlichen Natur- und Kunstpark. Kein Zweifel, ein Erholungsgelände von einmaliger Schönheit und klimatischer Wirkung. Ein Kurpark, der seinesgleichen nicht hat. Nut gab es keine eigentliche Kur in Wilhelmshöhe.«
Der Vortrag war ein großer Erfolg; auf Bitten Herrn W.s hin hielt Kluthe in Kassel zunächst Sprechstunden ab, jeweils von Scherfede anreisend. Eine beachtliche Zusatzbelastung. »Meine Schwester war die erste meiner Umgebung, die merkte, daß mit mir etwas nicht stimmte. ›Was ist eigentlich mit dir los?‹ fragte sie eines Tages, als ich sinnend auf der Gartenbank saß. »Ich will die Praxis hier aufgeben, nach Kassel gehen und aus der Wilhelmshöhe einen Kurort machen!‹ antwortete ich rundheraus.« Zunächst praktizierte Kluthe im »Schweizer Haus« am Weinberg. »Die Praxis nahm von Tag zu Tag zu, so daß zwischen der alten und der neuen in der Frequenz bald kein Unterschied mehr bestand. In der Freizeit studierte ich die Verhältnisse in Wilhelmshöhe, bestens unterstützt durch Herrn Wenzel, der über die wirtschaftliche Lage der Pensionen und Sanatorien als alter Kasseläner und Verkehrs- und Wirtschaftsmann weitgehend orientiert war. Die Lage war schlecht, der einst starke Fremdenverkehrsstrom nach Wilhelmshöhe fast ganz versiegt. Die Pensionen hatten zum Teil selbst ihre Telefone abgeschafft, wiel sie die Gebühren nicht mehr aufbringen konnten. – Mein erster Eindruck bestätigte sich: Ein in jeder Beziehung hervorragender Kurort ohne klare Therapie und wirtschaftlich im Abstieg! Auch den Kollegen in den Sanatorien machte ich einen Besuch und trug ihnen meinen Plan vor, die Wilhelshöhe in ihrer Gesamtheit als Kneipp-Heilbad auszubauen. Sie billigten rückhaltlos mein Vorhaben und sagten ihre Unterstützung und Mitarbeit zu.«
Auch der Oberbürgermeister Hans Herbert Stadler ließ sich überzeugen; 1933 folgte ihm Gustav Lahmeyer im Amte und machte die Sache ebenfalls zu der seinen. »So kam der Sommer 1933 ins Land. Eines Tages erschien dann ein Herr in der Praxis und bat um ein Gespräch mit mir. Es war Herr Hoffmann, der dann dreißig Jahre mit mir den Kampf um das Kneipp-Heilbad Wilhelmshöhe geführt hat mit all seinen Freuden und Leiden. Er teilte mir mit, daß der OB das Verkehrsamt zu einem selbständigen Dezernat erklärt und ihn mit der Leitung beauftragt habe. [...] Zunächst wurde eine Kuranstalt auf der Wilhelmshöhe geschaffen. In einer Pension [in welcher ist mir nicht bekannt] wurden die Räume zur Verfügung gestellt, und in kürzester Zeit war eine ambulante exakte Kurmöglichkeit gegeben, so daß die in den Pensionen wohnenden Kurgäste behandelt werden konnten. Die Propaganda in Zeitungen und Prospekten sorgte für das Bekanntwerden des Kurortes, und es war erstaunlich, wie bald die Zahlen der Besucher anstiegen. [...] Die Kuranstalt genügte bald der wachsenden Zahl der Kurgäste nicht mehr. Da wurde ein großes Anwesen, ein repräsentatives herrschaftliches Wohnhaus mit Park zum Verkauf angeboten, das mitten im Kurbezirk lag . Für den Kurbetrieb nach Lage und Ausmaßen bestens geschaffen. Nach einigen Verhandlungen wurde dieses Grundstück erworben, die ›Piepmeyer’sche Villa‹ [Kurhausstraße 13]. Es war inzwischen die Kur- und Badehaus-Gesellschaft gegründet worden unter Führung der Stadt, indes mit privatem Charakter. [...] In den schönen zweckmäßigen Räumen war der Kurbetrieb bald in vollem Gange. Behagliche Aufenthaltsräume mit Vortragssaal gaben den Kurgästen einen Mittelpunkt im Kurleben. Wöchentlich wurde ein Vortrag gehalten, entsprechend der Kneippschen Auffassung, daß wirkliches Vorbeugen nur durch Erkenntnisse zu erreichen ist.«
Neider aus Kollegenkreisen konnten den Erfolg nicht bremsen: »Eine Pension nach der anderen stellte sich erfreulicherweise
auf die Kneipp-Kur ein, auch in der Ernährung und Diätetik. Ganz besonders war es der Verband der Diakonissen, der sein Fremdenheim mit 40 Betten [Lindenstraße 13] zu einem vorbildlichen Kurheim umgestaltete und sich ganz besonders der modernen Küche widmete. [...] Auch die beiden großen Sanatorien [Rohrbach, Hugo-Preuß-Straße 2; Goßmann, Druseltalstraße] nahmen mehr und mehr die Kneipp’sche Therapie in ihren Heilplan auf. Beide waren ja schon immer auf naturheilerischer Grundlage tätig und hatten den Ruf der Wilhelmshöhe als Kurort geschaffen und gefestigt. Schon in diesem Jahr wurde aufgrund der Kuranlagen die Wilhelmshöhe vom Deutschen Bäderverband als Kneipp-Kurort anerkannt. Der Charakter des heilklimatischen Kurortes war aufgrund der selten günstigen Messungen des Klima-Institutes der Universität Marburg schon früher verliehen worden. [...] Im Sommer 1936 bekam der Kneipp-Kurort einen neuen Eckpfeiler. das Sanatorium Goßmann wurde verkauft und von der Kur- und Badehaus-Gesellschaft erworben. Die Leitung des Hauses wurde mir übertragen, und es erhielt die Bezeichnung Kneipp-Gesundheitshaus Wilhelmshöhe. [...]
So kam das Schicksalsjahr 1939. Schon im zeitigen Frühjahr setzte die Nachfrage im Kneipp-Heilbad so stark ein, daß die Vermehrung der Bettenzahl ein dringliches Problem wurde. Auch im Kneipp-Gesundheitshaus konnten die zahlreichen Anfragen nicht annähernd bewältigt werden. – Indes, schon im Sommer lag über allem in Deutschland eine nervöse, hektische Betriebsamkeit. Auch im Sprechzimmer hörte man mehr und mehr die bange Frage: ›Wird es wohl Krieg geben?‹ ›Was hat der »Führer« dann eigentlich vor?‹ Immer mehr braune und feldgraue Uniformen beherrschten das Straßenbild. Noch ging jeder seiner Arbeit nach und versuchte sich einzureden, er sehe doch wohl nur Gespenster! So planten auch wir im Kurbad Wilhelmshöhe die weitere Entwicklung. Zum Kneipp-Gesundheitshaus gehörte frühere auch noch das anliegende Schweizerhaus [›Schweizerhaus 1‹, siehe Kapitel »Goßmann« auf dieser Seite] mit etwa 40 Betten. Es wurde in der Gesellschaft der Beschluß gefaßt, dieses Haus zur Erweiterung des Sanatoriums wieder zurückzukaufen, um der Nachfrage einigermaßen gerecht werden zu können. Das war im August 1939. Da geschah es! Zunächst von Mund zu Mund! ›Wissen Sie schon, wissen Sie schon!‹ Und dann der ›Führer‹: ›Polen hat unsere Grenzen angegriffen, und seit heute morgen fünf Uhr wird zurückgeschossen!‹ Das war der Krieg! –«
Kluthe wurde kurz danach einberufen, blieb aber in Kassel. Das Gesundheitshaus, die frühere Goßmannsche Anstalt, wurde – wie schon im Ersten Weltkrieg – von Patienten geräumt und zum Lazarett. »So gingen die Monate und ersten zwei Kriegsjahre dahin. Der Kurbetrieb in Wilhelmshöhe lief erstaunlich gut weiter. In den Pensionen und im Kurbadehaus war reger Betrieb. Besonders im Haus Abbas der Diakonissen war ein gewisses Kurzentrum entstanden dank der hervorragenden Einstellung der Schwestern und auch des Mutterhauses in Marburg zur Kneippschen Therapie und Prophylaxe. [...]
Im Frühjahr 1945 ging auch das Standortlazarett in Flammen auf, einige Wochen später das Kur- und Badehaus und damit das Kurzentrum.«
Kluthe, der mit seiner Familie ebenfalls ausgebombt war, kam in amerikanische Kriegsgefangenschaft und erlebte dort Schreckliches. Nach lange Zeit kam er zurück nach Kassel, fand Frau und Kinder lebend vor, baute sein Haus (Im Rosental 20 (→)) selbst wieder auf, hielt zwei Ziegen und kümmerte sich um seine Bienen.
»Es war das einfache Leben! Aber auch das ging zu Ende. Ich mußte wieder Arzt werden. Die Bevölkerung wuchs, und auch Anfragen früherer Kurgäste kamen, ob wieder Kurmöglichkeit bestehe. Kein Zweifel, nach dieser Katastrophe waren die Kneipp-Heilbäder notwendiger und wichtiger als je zuvor. [...] Aber wie und wo? In unseren Gesprächen zeigte Herr H., der Kurdirektor, nur wenig Neigung, bie den Gegebenheiten das Kneipp-Heilbad wiederherzustellen. Indes ich ließ nicht locker. Es folgten nun zahllose Gänge zum Rathaus, um auch hier die Notwendigkeit des Wiederaufbaues des Heilbades zu begründen und das Parlament dafür zu gewinnen. Zunächst mußte wieder eine Kuranstalt geschaffen werden. Glücklicherweise war das Untergeschoß des Kur- und Badehauses erhalten geblieben. Nach unendlich langen Verhandlungen war man einverstanden, die Kuranstalt wieder in Gang zu bringen. Das Kneipp-Gesundheitshaus war nach wie vor Krankenhaus, da alle Krankenhäuser fast vollständig zerstört waren. So ging der Behelfsbetrieb einige Jahre. Aber die Nachfrage nach Kurmöglichkeiten von draußen nahm immer mehr zu. In einigen Pensionen hatte man auch schon Fremdenzimmer freibekommen. Die Wilhelmshöhe als Heilbad begann langsam wieder zu leben. [...] – Ein besonderer Wunsch wurde mir noch erfüllt, dals zu dieser Zeit die Regierung der Kur- und Badehaus-Gesellschaft ein Grundstück oben auf dem Habichtswald in herrlicher Lage anbot, das zu einem Kinderheim bestens geeignet war [siehe »Stadtteil Wilhelmshöhe«, dort »Habichtswald«, dort wiederum »Lauterbad‹]. Fern von allem Hasten und Lärmen lag ein ehemaliges Forstamt, das schon zum Erholungsheim umgebaut war. Denn für Kinder fehlen Kneipp-Kurstätten so gut wie ganz. Es war eine Freude zu sehen, wie die Kinder aus den Industriestädten sich hier in 4–6 Wochen erholten und aufblühten. [...]
Da das Haus mit nur 40 Betten – es war immer gefüllt – nicht rentabel zu gestalten war und im Jahr 25 000 Mark Zuschuß verlangte, entschloß man sich kurzerhand, das Heim wieder aufzulösen. Es war angeblich nicht möglich, für die Gesundung von etwa 500 Kindern im Jahr diese doch lächerliche Summe irgendwo herzubekommen oder das Haus auf 60 bis 80 Betten zu vergrößern, um die Rentabilität zu sichern. Wenn man bedenkt, daß ein Tuberkulöser den Staat etewa 30 000 Mark kostet, so kann man errechnen, welche Lappalie die 25 000 Mark bedeuten. Aber was können wir Ärzte gegen die Wirtschaftler ausrichten? Wenn die Rentabilität nicht vorhanden ist, auch bei Gesunderhaltung von Kindern, wird halt nichts unternommen.«
Dr. Oskar Kluthe, geboren 1896, mußte die Schließung und den Abriß des Kurhauses und des Kneipp-Gesundheitshauses, der ehemaligen Goßmannschen Anstalt, erleben sowie den Verlust des Bad-Prädikates von Wilhelmshöhe – er und seine Kollegen, so etwa Dr. Wolfgang Vogelsberger. – Hier klicken (→) für die HNA-Beiträge zur Oskar Kluthes 70. und 80. Geburtstag am 27. August 1966 und 1976.
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Das Innere des Kurhauses, um 1935. Man erkennt noch den Prunk der prächtigen Villa Mummy/Piepmeyer.*MA
Kurprospekt, um 1935. Genannt sind die Badeärzte Dr. Goßmann, Dr. Kluthe und Dr. Rohrbach.*MA
Drei Kurprospekte um 1936. Weitere im Archiv vorhanden.*MA
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Freibad Wilhelmshöhe |
Um 1935. Drei Luftaufnahmen des neu eröffneten Freibades:
Links die Kurhausstraße, vorne diagonal die Baunsbergstraße mit ihren hübschen Villen, von denen speziell die mit dem hohen Turm erhalten ist. Am oberen Bildrand horizontal die Brabanter Straße.*6
Das helle Gebäude am hinteren Bildrand ist das »Palmenbad« (siehe Eintrag im vorliegenden Kapitel), Kurhausstraße 25.*6
Das Bad von der anderen Seite. Hinten die Baunsbergstraße. Rechts die 1949 aus hygienischen Gründen wieder abgebauten Vorwärmbecken.*6
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1935: Eröffnung unter Verwendung häßlicher Flaggen. »Freiluft u. Schwimmbad Wilhelmshöhe. Restauration: J. O. Köberich – In gleicher Bewirtschaftung Gaststätte Palmenbad«.*MA
Ca. 1940.*MA
Ca. 1950. Freibad mit noch freiem Blick.*MA
1953 gestempelt. Blick nach Norden.*MA
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ca. 1940. Mit widerlichem Zusatz. – Siehe »Kurhausstraße 46« im Kapitel »Villenkolonie Mulang«.*MA
(Auf das graue Feld klicken für einen ausführlichen Text von Christian Presche über das Freibad Wilhelmshöhe.)
Das Architekturmuseum der TU Berlin hat in seiner Sammlung sehr interessante Planungszeichnungen vom Januar 1934:
• Auf dieser Zeichnung (→) ist das Freibad zwischen der Wigandstraße und der Domäne Wilhelmshöhe geplant, einigermaßen dort, wo heute die häßliche Kurhessentherme liegt.
• Auf dieser Zeichnung (→) liegt das Freibad am heutigen Ort, aber bei anderer Flächenaufteilung.
* * *
1936: Prospekt des Freibades, Innen- und Außenseite.*MA
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Das Freibad sollte um 2002 geschlossen werden , um das Gelände mit »Stadtvillen« vollzustellen.
Das aber haben engagierte Bürgerinnen und Bürger verhindert. Auf der Website des Fördervereins Schwimmbad Bad Wilhelmshöhe e. V, www.freibad-wilhelmshoehe.de (→), finden sich jede Menge Berichte von den Rettungsarbeiten, dem Gelingen derselben, von der Sanierung und dem fröhlichen Leben im Freibad Wilhelmshöhe.
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Hier klicken, um zu einem Album aus dem »Töchterheim am Brasselsberg« zu kommen; dort auch Fotos aus der Städtischen Flußbadeanstalt an der Fulda. |
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Burgfeld-Krankenhaus |
Nr. 11 als Burgfeld-Krankenhaus, ca. 1930. Teilerhalten.*MA
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Burgfeld-Krankenhaus, ca. 1975. Oben: Blick von der Wigandstraße. Unten: das Schwesternwohnheim, Schloßteichstraße 7–9.*MA
Burgfeld-Krankenhaus, datiert 1996. Auf dem Luftbild vom Krankenhaus und seiner Umgebung ist oben links das Schwesternwohnheim zu sehen.*MA
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Etwa Mitte der 1950er Jahre wurde unter Einbeziehung bzw. Abriß der alten Villen Burgfeldstraße 11, Wigandstraße 6 sowie Schloßteichstraße 7 und 9 ein neues Krankenhaus gebaut. In jenen Jahren wurde ein auch von Architekturführern
für sonderbar gehaltener Großbau errichtet.
Hier ein Link (→) auf eine bebilderte Historie des Burgfeld-Krankenhauses.
* * *
Burgfeld-Krankenhaus, ca. 1955. Rechts oben die Burgfeldstraße 11, Straßenseite; rechts unten: die seitliche Fassade dieses Hauses. – Links oben: Die stark umgebaute und erweiterte Villa Wigandstraße 6. Dieses Haus wurde 1973 abgerissen. Siehe den Bericht in der HNA vom 28. April 1973 (→).*MA
Burgfeld-Krankenhaus, ca. 1955.*MA
Burgfeld-Krankenhaus, ca. 1955. Auf dem Bild links oben, dort wiederum links angeschnitten: Das Haus Wigandstraße 8.*MA
Burgfeld-Krankenhaus, ca. 1955.*MA
Burgfeld-Krankenhaus, ca. 1955. Auf dem Bild rechts oben: das Haus Wigandstraße 8.*MA
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Das Burgfeld-Krankenhaus wurde nach Fertigstellung des Diakonissen-Krankenhauses im Vorderen Westen geschlossen und um 2017 abgerissen; hier ein Link auf einen HNA-Beitrag dazu von Bastian Ludwig (→).
Das Areal ist nun mit einer Wohnanlage bebaut, die in Form von Einzel-Stadtvillen für die Struktur der Villenkolonie allemal besser ist als der abgerissene Großbau.
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Paracelsus-Elena-Klinik |
1930er Jahre.*MA
1955 gestempelt.*MA
1958 gestempelt.*MA
Zwei Karten aus einer Serie, die untere ist 1965 gestempelt. »Königin
Elena-Klinik. Kassel-Harleshausen«. Damals war das
Haus noch kaum verändert.*MA
Ungefähr aus der gleichen Zeit: Eine Postkarte von der Terrasse.*MA
1960er Jahre.*MA
Der Anbau von etwa 1970.*MA
1985 gestempelt.*MA
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Der bedeutende Architekt und Autor Hermann Muthesius, Mitgründer des Werkbundes, erbaute 1910
für den Freiherrn von Strombeck in wundervoller Lage zwischen
Harleshausen und Habichtswald ein Landhaus mit Herkulesblick. Hier
vier Seiten aus dem Buch »Landhäuser von Hermann Muthesius«,
München 1922. Beim Daraufklicken
öffnen sich Fenster mit den Seiten in lesbarer Größe:
*MA
Nach dem Tode von Strombecks wurde in diesem Werkbund-Bau eine Parkinson-Spezialklinik
eingerichtet, ein Umstand, der sich einer zufälligen Begegnung
zwischen Dr. Walther Völler und Königin Elena von Italien
verdankte, die 1935 stattfand. Als ein Teil dieser später stark
erweiterten Klinik hat das immerhin noch in Teilen erkennbare Landhaus
Strombeck überlebt.
Undatiert: »Kassel-Harleshausen. Genesungshaus für Ecephalitiskranke«.*MA
Heute ist das Haus unter dem Namen »Paracelsus-Elena-Klinik« (→) eine der beiden Kur-Kliniken,
die zur Erringung des »Bad«-Prädikats für Wilhelmshöhe
nötig waren.
Im Mulang-Archiv vorhanden:
• »Die Heilgymnastik der Königin-Elena-Klinik (Spezialklinik für Parkinsonismus), gegr.1937 / Kassel Harleshausen. / von Chefarzt Dr. Dr. W. Völler unter Mitwirkung von Dr. med. G. Köhler, Kassel-H. und D. Linde, staatl. gepr. Gymnasial-Lehrerin, Kassel«, 30seitige Broschüre.
• Beiliegend: »Gesundung. Satzungsmäßiges Bekanntmachungsblatt der RKV (Reichsbahnbeamten-Krankenversorgung, Berlin)«, 15.Jhg., Heft 5, 4 Seiten, erster Beitrag: »Die Königin-Elena-Klinik in Kassel« von Dr. Erica Schirmer in Berlin.
• Privatalbum ohne jede Beschriftung oder Namen, nach den Bildern zu schließen aus dem Nachlaß eines Arztes der Elena-Klinik, 1950er Jahre.
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Kurhotel / Luisenhaus I |
Kurhotel:
Kurhotel, 1900 gestempelt. Das prächtige Haus wurde 1968 abgerissen.*MA
Um 1905, von Osten, mit Blick auf die Goßmannsche Kuranstalt (Mitte) und das ›Schweizerhaus 1‹ (rechts). Hier klicken für eine kolorierte Variante der Karte.*MA
Datiert 1908: Da war das Haus schon Töchterheim, das Foto stammt aber noch aus der Hotel-Zeit.*MA
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Luisenhaus I:
Das Luisenhaus I, datiert 1907.*MA
Luisenhaus von Süden, datiert 1908. Rechts hinten das große Dach der Hugo-Preuß-Straße 40.*MA
Von Norden.*MA
Von Norden, gestempelt 1911. Immer sehr nett sind Karten mit der Markierung »Mein Zimmer«.*MA
Luisenhaus I: Der Speisesaal, ca. 1910.*12
»Haus Paretz«. Von der Stiftung vor 1915 hinter der Westseite errichtet. Die Karte ist 1919 gestempelt.*MA
»Mathilde-Zimmer-Stiftung (Töchterheim Luisenhaus I) Cassel-Wilhelmshöhe Oberes Bild: Luisenhaus 1. Unteres Bild: Das Lehrerinnenhaus u. die alten Heimchen. (Auf dem unteren Balkon Frl. Wirén.) / 1. Semester. Luisenhaus I. Kriegsjahr 1915«.*MA
Fünf Privatfotos, 1920 datiert. Das zweitunterste ist rückseitig beschriftet »Blick aus unserem Fenster«, das unterste zeigt eine haltende Herkulesbahn.*MA
Zwei Privatfotos: Oben: »Stiftungsfest 15. Februar 1926 im Luisenhaus Cassel-Wilhelmshöhe / ×Gisela Schlimm ×Ich ×Frl. Koblanck« Unten: »Faschingsdienstag im Luisenhaus / ×Fr. Koblank / Februar 1928«. Hier klicken für die Rückseiten.*MA
Vier Privatfotos aus dem Luisenhaus-Umfeld, mindestens eines zeigt einen »Maskenball der Kunstakademie, Kassel 1926«.*MA
Luisenhaus links, Haus Paretz rechts, ca. 1935.*MA
Von Südosten, nach links geht die heutige Konrad-Adenauer-Straße, gestempelt 1938.*MA
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Nachkriegszeit:
1957 gestempelt. Ohne Turmhauben.*MA
Ca. 1960, mit Häuschen der Herkulesbahn.*MA
1960er Jahre, Rückseite: »Mathilde-Zimmer-Stiftung, Luisenhaus«.*MA
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»Café-Restaurant ›Zur Erholung‹ / Kassel-Wilhelmshöhe am Luisenhaus / Haltestelle der Herkulesbahn / Inh. A. Flachsbarth«, gestempelt 1958. Ein Nebengebäude des einstigen Kurhotels?*MA
Weitere Bilder: siehe »Goßmann«.
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Das prächtige Kurhotel stand in der Druseltalstraße (damalige Adresse: Kohlenstraße 329), Ecke Konrad-Adenauer-Straße (damals: Corbacher Straße).
»Kurhotel des Herrn Philipp Gottmann«. Baugewerks-Zeitung, 28. Mai 1898. Blick von Westen. Beim Klicken auf das Bild öffnet sich ein 5-MB-PDF (→): drei Seiten der Zeitung mit Fotos, Grundrissen und Beschreibung des Hauses.*MA
In »Woerl’s Reisehandbücher. Illustrirter Führer durch Cassel mit Wilhelmshöhe«, 11. Auflage von ca. 1905, findet sich der Eintrag: »Kuranstalten. [...] Kur-Hotel Wilhelmshöhe (Inh. H. Laspe), Zimmer von 2 Mk. an.« (Ob das der Hotelbesitzer »H. Laspe« aus der Schloßteichstraße 1 war?)
Südlich vom Kurhotel begann damals der Truppenübungsplatz Dönche. Hier klicken für Fotos aus dem »Artillerie-Album«, auf denen man im Hintergrund das Kurhotel sieht.
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»Mathilde-Zimmer-Stiftung. Töchterheim Luisenhaus I«, hs. datiert 1910. Rechts hinten: Das »Schweizer Haus 1« des Sanatoriums Goßmann. Ganz rechts: Hugo-Preuß-Straße 52–56.*MA
Die Hotel-Zeit endete schon nach knapp zehn Jahren, das Anwesen wurde 1907 von der Mathilde-Zimmer-Stiftung übernommen und zum Luisenhaus I. – Hier klicken für ein Extra-Kapitel über Töchterheime. Hier geht es direkt zum dortigen Unterkapitel über die Mathilde-Zimmer-Stiftung, wo sich ein Link auf eine umfangreiche Broschüre findet, in der auch das Luisenhaus I ausführlich beschrieben ist.
»Töchterheim Louisenhaus I«, ca. 1910.*MA
»Mathilde-Zimmer-Stiftung / (Töchterheim Luisenhaus I)«. Gestempelt 1917.*MA
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November 2024: Aus dem Nachlaß einer einstigen Schülerin des Luisenhauses I, Margarete Loeber, geb. Berckel, genannt »Gretchen«, werden mir Dokumente gesandt:
Margarete Loeber, am 19.1.1887 in Varel geboren als Margarete Berckel. Das rechte Foto (rechts Margarete Loeber) ist beschriftet: »Mit Frau Dr. Burckhardt am Königsee, 24. Juli 1925. Frau Dr. B. ist auch Heimchen, Annenhaus 10/11.« Das Annenhaus war ein Mathilde-Zimmer-Heim in Gotha.*MA
Gretchen Loebers Zeugnis. Sie war vom 20.1.1903 bis zum 17.12.1903 Schülerin des Luisenhauses. Rechts eine zwölfseitige Liste »Unsere ehemaligen Heimchen« vom April 1908, unter »V. Großherzogtümer / 6. Oldenburg. / Varel«: stehen Gretchen und ihre Schwester: »Berckel, Gertrud, L.I, 05f. / Berckel, Grete, L.I, 03f.«.*MA
11.3.1916: Brief von Katharina Wittenburg an Grete Loeber, mit dem Briefkopf des Viktoriaheims, Schloßteichstraße 5 (und für kurze Zeit auch Schloßteichstraße 3). Katharina Wittenburg hatte auch das Töchterheim am Brasselsberg geleitet, das nach 1945 nach ihr benannt wurde. Der Brief lautet: »Meine liebe Grete, / Wie sehr hat mich Ihr lieber Brief erfreut! Sie schreiben so getrost trotz der täglichen Sorge um Ihren lieben Mann. Die süsse Hoffnung auf den kleinen Erdenbürger muss Sie auch froh stimmen. Sie wissen, dass die Zeit wo das Kleine noch absolut von d. Mutter abhängig ist, so sehr wichtig ist auch für die Seelenführung die es mit in’s Leben nimmt. Alles was Sie jetzt denken, womit Sie sich beschäftigen wird unbewusste Anlage des Kindes. Hüten Sie sich vor Trübsinn oder sorgender Belastung. Wir brauchen ein hellscheinendes frohgemutes Geschlecht. / Wennn Ihr lieber Mann jetzt in Priesterwald steht, dann sind Sie gewiss auch in grosser Spannung der Vorgänge vor Verdun. / Das muss ein gar hartes Ringen sein. / Wir haben jetzt die Kinder von Herrn [unleserlich] hier, während er selbst im roten Kreuz-Krankenhaus hier seine ersten Bewegungs-Versuche mit dem zerschossenen Bein macht. Kinderjubel im Töchterheim hört man auch selten, aber es ist entzückend. Ilse ist 1 ¾, Lothar 3 ½ Jahr, beide sind so liebe zu einander, bildhübsche Kinder. O wie wird Ihr Mutterchen sich als Großmutter froh fühlen! Die arme Gertrud musste ihre Hoffnung damals drangeben – hoffentlich geh es ihr jetzt gesundheitlich besser. / Es ist schade dass Gertrud keine eigene Häuslichkeit hat, bloss Gattin sein taugt nicht für eine junge Frau, da fehlt die Ablenkung von sich selbst, die Nötigung zu körperlicher Beschäftigung. / Liebe Grete nun behüte Sie Gott! Die schwere Stunde – geht auch vorüber; hoffentlich wird es dann bald Frieden und Sie können ein eigenes Heim beziehen und beide Eltern freuen sich am Zukunftsglück! / Ihre Sie liebende / K. Wittenburg« – Die im Brief erwähnte Gertrud ist Gretchen kleine Schwester, welche ebenfalls das Töchterheim Luisenhaus I besucht hatte und somit auch Frau Wittenburg bekannt war.*MA
Vier Ausgaben des Heftes »Freundesgrüße«, alle ohne Impressum; offenbar eine Publikation des Viktoriaheims. (In Klammern: jeweils einige Titel von Texten) Nr. 8 / Oktober 1912 (Paris / Macht das Viktoria-Heim uns lebensfremd? / Ausbildung in der Kinderkrankenpflege / Unsere Spielkiste / Nachrichten aus dem Viktoriaheim) / Nr. 16, Oktober 1914 (Bahnhofsarbeit in den ersten Augusttagen 1914 / Wo liegen die Hauptschwierigkeiten beim Übergang vom Töchterhim ins Leben? / »Über Lektüre junger Mädchen« / Kriegsregeln für die Daheimgebliebenen) / Nr. 1 und 2 / Jahrgang 1915 (Über den Lesestoff in Kriegszeiten / Von meiner Tätigkeit bei den Verlustlisten und der Lazarettbibliothek / Der Hamburger Kinderkriegsdienst) / Nr. 1 / Januar 1917 (Vorwort von Katharina Wittenburg: »Viktoriaheim, 30.12.16« / Helferin in Elmau).*MA
Neben den hier wiedergegebenen Dokumenten befindet sich im Konvolut ein Aufsatzheft von 1903 (»Meine Heimat« / »Meine liebe Tante« / »Höflichkeit auf Reisen« / »Wie muß ein guter Herd beschaffen sein« / »Die Stufen des Gehorsams« / sowie einige Aufsatzbriefe, teils mit Kasseler Absendern »Amalienstraße 1 ½«) sowie ein einzelner Aufsatz: »Gretchen Berckel, 9. Dezember 1909: Kinderpflege«.
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Ein Album einer Schülerin, 1932/33: Beim Klicken auf das Bild öffnet sich ein 10-MB-PDF (→) mit 65 Fotos auf 19 Seiten. Stichworte und Namen: Café Fernblick, Ausflug nach Burg Hanstein, Jugendherberge Ludwigstein, Panoramaweg, Dörnberg, Strandbad in Kassel, Gärtner Sander, die Lehrerinnen Hanslee, Swart, Schönhärl, Stiegler, Vollnhals (Lesungen unsicher).*MA
Ein Album einer Schülerin, 1935: Beim Klicken auf das Bild öffnet sich ein 5-MB-PDF (→) mit 23 Fotos auf 9 Seiten.*MA
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Anmeldebestätigung von 1942. Beim Klicken auf das Bild ist die ganze DIN-A4-Seite zu sehen; hier klicken für die Rückseite.*MA
Anmeldebestätigung von 1942.*MA
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Nach dem Krieg hat das Luisenhaus seine Turmhauben nicht mehr. Der Betrieb geht aber weiter:
Luisenhaus in einem Prospekt der Mathilde-Zimmer-Stiftung von ca. 1960. Hier klicken (→) für das 20seitige PDF.*12
Informationsblatt von ca. 1965, Seiten 1 und 4; hier klicken für die Seiten 2 und 3.*MA
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Am Luisenhaus 1966: »Der letzte Tag der Herkulesbahn.« So ist das Foto beschriftet. Man muß die Feste feiern, wie sie fallen – eines meiner liebsten Fotos im Mulang-Archiv.*MA
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1968 wurde das Haus abgerissen und ein neues Luisenhaus errichtet, ein Alten- und Pflegeheim, das erheblich nüchterner aussieht, von dem man aber nur Gutes hört.
Das Luisenhaus, wie es seit 1969 aussieht.*MA
Variante des obigen Fotos, »Mathilde-Zimmer-Stiftung e.V., Alten- und Pflegeheim ›Luisenhaus‹, 3500 Kassel-Wilhelmshöhe, Im Druseltal 1«.*MA
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Ein Text zum Kur- und Badegeschehen von 1897 |
Die Festschrift befindet sich seit Januar 2023 im Mulang-Archiv. Das ganze Buch ist dort oder auch online verfügbar: archive.org. Hier klicken (→).
Die online verfügbare Version des – nebenstehend vollständig wiedergegebenen – Beitrags enthält Abbildungen in sehr schlechter Digitalisierung-Qualität; alle finden sich in guter Qualität an den entsprechenden Stellen der Mulang-Website:
Vor Seite 39, der ersten Seite des zitierten Beitrags, ein Abbildungsteil:
– Kuranstalt Dr. Wiederhold,
– Anstalt Dr. Greveler,
– Goßmanns Naturheilanstalt.
Zwischen den Seiten 40 und 41:
– »Villa Freya (Schloß Mummy)«, Kurhausstraße 13,
–
»Villa Henkel«, Kurhausstraße 7,
–
»Villa Schmidtmann«, Burgfeldstraße 8.
Sowie nach Seite 42 ein Bild eines hübschen (wenn auch im Druck grob gerasterten) Arrangements von Bildern des Palmenbades:
Innenansichten des Palmenbades. Obere Reihe: »Mittelpartie des Palmenbades« / »Durchblick aus der Grotte ins Palmenhaus« / »Chamaerops humilis«; Mitte: »Blick auf das Bassin vom Eingang« / »Ansicht des Schwimmbades von der Palmenhausseite« / »Grotte unterhalb des Bades«; unten: »Palmengruppe« / »Giebelgruppe im Palmenhaus« / »Wein- und Rosenhaus«.*MA
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Festschrift zur 38. Hauptversammlung des Vereins deutscher Ingenieure. Cassel 1897. Einundvierzigjähriges Bestehen des Vereins. Gewidmet vom Hessischen Bezirksverein. Cassel: Weber & Weidemeyer.
Der Kurort – Villen-Colonie – Wilhelmshöhe.
Am südlichen Rande des Parkes von Wilhelmshöhe, unmittelbar an das bereits erwähnte chinesische Dörfchen Mu-Lang anschliessend, ist im Verlaufe von etwa 15 Jahren ein vollständiger Ort, »die Villen-Colonie« , entstanden, mit Privat- und Pensions-Villen, Kuranstalten und Hotels, in den verschiedensten Stilarten, vom einfachen Schweizerhäuschen bis zu palastartigen Bauten.
Das neben dem Schlosse gelegene Grand Hotel Schombardt, welches vor etwa 70 Jahren von Kurfürst Wilhelm II. erbaut ist und das zunächst als Cavalier-Haus gedacht war, dann aber als Gasthof ersten Ranges verpachtet wurde, konnte nur einer verhältnismässig geringen Anzahl Reisender Unterkunft bieten.
Im Jahre 1872 trat das von einer Actien-Gesellschaft gegründete »Pensionshaus«, etwa 500 Schritt südlich von der jetzigen Trambahn-Endstation gelegen, hinzu.
Dr. Wiederhold gründete alsdann im Jahre 1877 am Waldesrand, unterhalb der Löwenburg, eine Kuranstalt in den durch Kauf in seinen Besitz übergegangenen, einige Jahre früher vom Geh. Sanitätsrat Dr. Schmidt hier im Schweizerstile errichteten Bauten. Heute hat diese schön gelegene Heil-Anstalt (speciell für Nervenleidende) durch eine Anzahl Neubauten, Garten- etc. Anlagen eine Ausdehnung von 12 Morgen und besteht aus 6 getrennt gelegenen Kurhäusern.
Fünf Jahre nach Gründung dieses Etablissements baute ein Consortium neben dem Pensionshause das »Bad Wilhelmshöhe«, welches durch seine stilvolle innere Einrichtung sehenswert ist. Dasselbe wurde von dem langjährigen Vorstandsmitgliede, bezw. Vorsitzenden des hessischen Bezirks-Vereins deutscher Ingenieure, dem inzwischen verstorbenen Architekten Rebentisch erbaut und befindet sich nunmehr im Besitz des Sanitätsrats Dr. Greveler. Die verschiedenen Bäder (römische, russische, kohlensäurehaltige, ferner Kiefernadel- und Sool-Bäder) können auch von nicht in der Anstalt Wohnenden benutzt werden.
Die starke Frequenz dieser beiden Kur-Anstalten gab Veranlassung zur Entstehung einer dritten, die im Jahre 1894 am Eingange des Druseltales als »Naturheil-Anstalt von Gossmann« eröffnet wurde und in der das gesamte Naturheilverfahren zur Anwendung kommt. Diese mit allem Comfort ausgestattete Anstalt, von der man übrigens eine entzückende Aussicht geniesst, gehört zu den ersten derartigen Etablissements und nimmt ebenfalls einen Raum von etwa 12 Morgen ein. Alle für das Naturheilverfahren erforderlichen Einrichtungen, Lufthütten, Sonnenbäder, Luft-, Licht- Stationen, Giessräume nach System Kneipp etc. sind vorhanden, ebenso werden getrennte Tafeln für Fleisch- und vegetarische Kost unterhalten. Dem Leiter und Besitzer steht neben zwei Aerzten auch noch eine Anstalts-Aerztin zur Seite.
Im vorigen Jahre eröffnete Dr. Greger in seinem Hause Kronprinzenstrasse 151 das Wilhelmshöher Medico-mechanische Institut nach Zander’schem System, in welchem hauptsächlich Bewegungskuren ausgeführt werden, doch findet auch Massage, orthopädische und electrische Behandlung statt.
Die Erlaubnis zur Besichtigung sämmtlicher, ebenso schön wie praktisch gelegener, bezw. eingerichteter Kur- und Heilanstalten wird von den resp. Leitern gern erteilt. Ein Vereinigunsgpunkt für die in Wilhelmshöhe anwesenden Fremden ist von dem Kur- und Verschönerungs-Verein in den Parterre-Räumen des Riedinger Schlosses durch Spiel- und Lesezimmer geschaffen. Ebenso sind nach dem Muster grösserer Badeorte Spielplätze eingerichtet.
Was die stärkende, ozonhaltige Luft betrifft, so wird Wilhelmshöhe von keinem zweiten klimatischen Kurort übertroffen, streicht doch die herrschende Windrichtung meilenweit über bewaldete Höhen. Das Klima ist milde, starke Kälte tritt hier selten so heftig auf, wie im Tal und hat man schon Differenzen von 8° bemerkt, während bei warmem Wetter, von °-Nullpunkt aufwärts, entsprechend der Höhenlage der Villen-Colonie von durchschnittlich 300m über dem Meeresspiegel, es hier etwas kühler ist. Die frische erquickende Waldesluft wird namentlich an heissen Sommerabenden, wenn die Sonne hinter den westlichen Bergen früher verschwindet, angenehm empfunden. Bei trüben Herbst- oder Wintertagen, an welchen die Nebeldecke nicht vom Tale weicht, hat man hier oben oft den herrlichsten Sonnenscheine.
Gute, regelmässig angelegte Strassen, meistens mit Cement-Trottoir, durchschneiden den Ort, der Wasserleitung und Canalisation besitzt.
Sämmtliche Strassen und Plätze der Villen-Colonie, ein Teil des Parks, die Strassen des benachbarten Dorfes Wahlershausen, sowie alle Kuranstalten und Gasthöfe und die meisten Villen werden durch das im Jahre 1893 vom Fabrikanten Henkel errichtete Elektricitätswerk mit Licht versorgt. Auch eine grössere Anzahl Elektromotore, teils in Kuranstalten, teils zu gewerblichen Zwecken (in Wahlershausen) werden von genanntem Werke gespeist. Das Kabelnetz, bei welchem das Dreileiter-System Anwendung gefunden, hat einen Durchmesser von 4 klm. und eine Gesammtlänge (Speise-, Verteilungs- und Spannungs-Kabel) von circa 80.000m. Zum Betrieb dienen Zwei Heissdampf-Maschinen von zusammen 130 HP, vier Dynamomaschinen und eine Accumulatoren-Batterie von 1700 Amp.Stunden.
Ein grosses Schwimmbad mit »Palmenhaus«, sowie »Rosen- und Wein-Treibhäuser« stehen in Verbindung mit dem Elektricitätswerk. Diese Anlagen haben eine Ausdehnung von 1600qm bebauter Grundfläche und bilden eine Sehenswürdigkeit für sich. Neben dem Bedürfnis nach einem unabhängig von den Witterungsverhältnissen zu benutzenden Schwimmbad, hat das Bestreben, die sonst mit dem Abdampf verlorene Wärme möglichst vollkommen auszubeuten, den Gedanken zur Errichtung dieser Anlage geboren. Die nicht in Kraft umgesetzte Wärme wird im Schwimmbad noch ausgenutzt und das hier erwärmte Wasser kommt wiederum den Pflanzen zu gute, wie auch die Verdunstung im Schwimmbad dem Palmenhaus die erforderliche feuchte, tropenartige Atmosphäre giebt. Das Schwimmbad wurde im Juni v. Js. eröffnet und sind damit die Wilhelmshöher Bade-Verhältnisse derart vervollständigt und ergänzt, dass diese Anstalt von Cassel aus, welche Stadt ein öffentliches Schwimmbad mit beständigem Wasserwechsel, das Sommer und Winter geöffnet ist, nicht besitzt, – viel besucht wird. Von der Trambahn werden Teilfahrkarten ausgegeben, welche gleichzeitig zur Benutzung des Palmenbades gelten.
Das Schwimmbassin ist in den vorderen Teil eines mit tropischen Pflanzen, vor Allem mit herrlichen Palmen ausgestatteten 40 m langen Gewächshauses derart eingebaut, dass der Besucher, welcher den Unterraum unterhalb des Schwimmbades betritt, den Eindruck gewinnt, als ob es sich hier um einen grossen Grottenbau handele. Tuffsteine und zackige Felsstücke hängen von der Decke herab, dazwischen sind zahlreiche Glühlampen in bunten Farben versteckt, welche das Ganze Abends mit einem reizvoll-märchenhaften Lichte erhellen. Durch Fontainen und die verschiedenartigen Pflanzen wird der Grottenbau angenehm belebt. Der unten in dem Palmenhause bezw. in der Grotte wandelnde Besucher hat also von dem Schwimmbad über sich, welches vom anschliessenden Verwaltungsgebäude aus zugänglich ist, keine Ahnung, während man von oben die ganze Kuppel des Hauses mit den herrlichen Palmwipfeln überschaut. Das eiserne, mit weisser Emaille überzogene Bassin des Bades hat einen Wasserspiegel von 100 qm. An beiden Kopfseiten sind die mit allen erforderlichen Einrichtungen versehenen Badekabinen angebracht. Ausser diesem Bassin, welches Abteilungen für Schwimmer und Nichtschwimmer enthält, sind auch Vorrichtungen für Einzelbäder – Mineralbäder – sowie für elektrische Douche- und Vollbäder, unter Controle und nach Anweisung Dr. Greger’s, neuerdings getroffen. Im Interesse der Sauberkeit sind die sorgfältigsten Einrichtungen geschaffen, ausserdem die verschiedensten Wasch- und Brausevorrichtungen vorhanden. Zwei Delphine senden beständig Strahlen frischen Wassers in das Bassin, von dessen Inhalt auf jeden Badenden 2000 Liter gerechnet sind, und das unabhängig von der Jahreszeit, in einer Temperatur von 18–20° R. gehalten wird. Rings um das Becken laufen Kühl-Vorrichtungen, die an Sommertagen die Luft im Baderaum angenehm frisch erhalten. Ein geschmackvoll ausgestattetes Lese- und Empfangszimmer, sowie eine grosse Plattform, von welcher man eine hübsche Rundsicht geniesst, bieten für den wartenden Besucher eine vorteilhafte Ergänzung der verschiedenen Annehmlichkeiten. Alle Räume sind des Abends durch Bogen- und Glühlicht taghell erleuchtet und können von 6 Uhr Morgens bis ½ 10 Uhr Abends benutzt werden, die Zeit von 10–5 Uhr ist für Damen reservirt.
Die Anlage trägt, wie aus Obigem hervorgeht, den weitgehendsten Ansprüchen Rechnung und tritt das Angenehme derselben besonders bei ungünstiger Witterung hervor, da man ohne Rücksicht hierauf nach dem Bad in den geräumigen Pflanzenhäusern »unter Palmen« lustwandeln kann.
Wird somit in den verschiedenen Kur-, Heil- und Bade-Anstalten Alles geboten, was zu einer rationellen Körperpflege und im Verein mit der kräftigenden Bergluft zur Wiederherstellung angegriffener Gesundheit bezw. abgespannter Nerven dienen kann, so entbehrt der hier weilende Gast auch der reichen Abwechselung und Anregung nicht, sofern er nur ein empfängliches Herz für die schöne Gottesnatur und für die, in den Wilhelmshöher Anlagen innig damit verwobenen Kunstwerke einiges Versändnis besitzt. Abgesehen von dem Gebirgspark und den Gärten mit Tausenden verschiedener Bäume und Pflanzen – zählte man doch schon Ende vorigen Jahrhunderts 400 Holzarten – bieten sich noch in den fast unmerklich an den Park anschliessenden Forsten wohlgepflegte Wege, herrliche Spaziergänge, überraschende Aussichtspunkte, idyllische Ruheplätzchen. Wir nennen hier nur Möllers Ruhe, die Fuchslöcher, Elfbuchen, Hirzstein, das wilde Ahnathal und vor allem den höchsten Punkt im Habichtswald, »das Hohe Gras«, von wo aus man eines der herrlichsten Panoramen in Mittel-Deutschland überblickt. – Wochenlang kann man in Wilhelmshöhe wohnen und dabei täglich Neues sehen und andere Eindrücke gewinnen. Die Lücken, welche durch ungünstiges Wetter in den Spaziergängen und Ausflügen entstehen, füllt die nahe Residenz mit dem Kgl. Hoftheater, ihren reichen Kunstschätzen, namentlich der berühmten Gemälde-Gallerie und den Museen angenehm aus.
(Dank an Christian Presche für den Hinweis auf diesen Text.)
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Dank und Nachweise |
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Dank an
Sandra Bundschu
Dr. Helmuth Greger, Kassel
Evamarie Junginger-Rohrbach
Helga Kraus, Kassel
Rolf Lang, Niestetal
Dr. Alexander Link, Stadtmuseum Kassel
Dr. Christian Presche
Dieter Rüsseler
Nachweise
*MA Mulang-Archiv, Privatarchiv des Autors und Betreibers dieser Website, Friedrich Forssman, und seiner Frau Cornelia Feyll
*1 Sammlung Rolf Lang, Niestetal
*2 Bürgerverein Wilhelmshöhe/Wahlershausen (Hg.): Historische
Fotografien aus Wilhelmshöhe/Wahlershausen, Kassel 1986 (im Mulang-Archiv vorhanden)
*3 Familienarchiv Greger
*4 Wolfgang Hermsdorf: Ein Blick zurück. HNA-Serie, zusammengestellt mit Registern und Quellenverzeichnis von Hiltgunde Thiele, 2 Bde., Kassel 1993. (Dank an Dr. Helmuth Greger für die Überlassung der beiden seltenen Bände!)
*6 Stadtmuseum Kassel
*8 Vera Bachmann: Kasseler Badelust. Begleitbuch zur Ausstellung
im Stadtmuseum Kassel, Kassel 1995 (im Mulang-Archiv vorhanden)
*9 Familienarchiv Evamarie Junginger-Rohrbach
*10 UniversitätsBibliothek Kassel – Landesbibliothek und Murhardsche
Bibliothek der Stadt Kassel
*11 Yannick Philipp Schwarz
*12 Sammlung Dieter Rüsseler
*13 Stadtarchiv Kassel
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